Arzt arbeitete trotz Bewilligungsentzug weiter

Ein Berner Gericht verurteilt einen Arzt zu einer bedingten Freiheitsstrafe – und zu einer Busse.

, 29. August 2019 um 08:37
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Der Arzt steckte den Einschreibebrief in seine Tasche – und will ihn vor lauter Stress vergessen haben. | Symbolbild (Post)
Ein heute 46-jähriger Arzt aus der Region Bern rechnete Leistungen ab, die er nicht erbracht hatte. Er erhielt deswegen von der Aufsichtsbehörde einen Strafbefehl. Weil der Mediziner sein Fehlverhalten aber ignorierte, wurde ihm gar die Berufsausübungsbewilligung entzogen. Es fehle die Vertrauenswürdigkeit, so die Begründung.
Er arbeitete weiter, gründete eine Aktiengesellschaft und verrechnete seine Leistungen den Krankenversicherern. Nun hat ihn das Berner Regionalgericht Bern-Mittelland wegen gewerbsmässigen Betrugs zu einer bedingten Freiheitsstrafe von neun Monaten und zu einer Busse von 1'000 Franken verurteilt, wie die Zeitung «Der Bund» berichtet.

Vor lauter Stress vergessen

Vor Gericht beteuerte der Arzt, er habe den Inhalt nicht zur Kenntnis genommen und deshalb guten Gewissens weitergearbeitet. Vor lauter Stress. Die Pflichtverteidigerin des Arztes verlangte einen Freispruch; die Staatsanwaltschaft eine bedingte Freiheitsstrafe von zehn Monaten. 
Das Gericht glaubte dem Arzt allerdings nicht. Spätestens als dem Arzt auch die Abrechnungsnummer entzogen worden sei, hätte er merken müssen, was los sei. «Wenn sich jeder mit dem Verlegen eines wichtigen Briefs herausreden könnte, würde unser System nicht mehr funktionieren», sagte der Richter.

Kein Landesverweis für den Arzt

Von einem Landesverweisung sah das Gericht für den gebürtigen Deutschen aber ab. Es liege ein Härtefall vor, obwohl das Delikt eigentlich einen Landesverweis nach sich ziehe. Der Arzt, der derzeit in Vorarlberg praktiziert, pflege trotz der Distanz ein gutes Verhältnis zu seinen Kindern. 
Die Krankenkassen, die als Privatkläger auftreten, müssen die Gelder in der Höhe von 65'000 Franken über ein Schiedsgericht zurückfordern.
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