Die Föderation der Schweizer Psychologinnen und Psychologen (FSP) hat bei der Aufsichtsbehörde, dem Bundesamt für Gesundheit (BAG), Beschwerde gegen Santésuisse erhoben.
Der Grund für diese Massnahme: Die Krankenkassen von Santésuisse weigern sich, Leistungen von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Weiterbildung via ihre Aufsichtsperson abzurechnen.
Santésuisse nehme dafür die Umstellung auf das neue Anordnungsmodell als Vorwand, wordurch «nicht nur Tausende Patientinnen und Patienten im Regen stehen gelassen werden. Mit diesem Schritt werden die Weiterbildung von hunderten Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten verhindert».
Und dies, obschon die psychische Gesundheit in bestimmten Gruppen in der Schweizer Bevölkerung bereits geschwächt se, schreibt die FSP in einem Communiqué.
Angebot geringer als Nachfrage
Laut dem Schweizerischen Gesundheitsobservatorium (OBSAN) gehören psychische Erkrankungen zu den häufigsten und am stärksten beeinträchtigenden Erkrankungen in der Schweiz.
Das Angebot an Psychotherapie sei zurzeit geringer als die Nachfrage – insbesondere für Jugendliche und Kinder sowie in Randgebieten, ist weiter zu lesen.
BAG in der Pflicht
Nun hat die FSP bei der Aufsichtsbehörde, dem BAG, Beschwerde gegen die Versicherungen von Santésuisse erhoben. Das BAG soll prüfen, ob mit dieser Ablehnung der gesetzliche Auftrag – sprich: die gesundheitliche Grundversorgung der Patienten zu gewährleisten –, noch erfüllt werde.
Für die FSP ist klar: Das Verhalten von Santésuisse stellt das Weiterbildungssystem für Psychotherapeuten grundsätzlich infrage. Der Versicherer handle so im Widerspruch zum Bundesrat.
Denn dieser habe wiederholt bestätigt, dass die Leistungen von Psychotherapeuten in Weiterbildung über die Betreuungspersonen von den Krankenkassen zu bezahlen seien.
Zum Werdegang der Therapeuten
Wer in der Schweiz selbstständig psychologische Psychotherapie praktizieren will, muss den Weiterbildungstitels «eidgenössisch anerkannte Psychotherapeutin» oder «eidgenössisch anerkannter Psychotherapeut» erwerben.
Voraussetzung dafür ist ein abgeschlossenes Masterstudium in Psychologie. Die Weiterbildung dauert anschliessend rund sechs Jahre. Um selbständig über die Grundversicherung abrechnen zu dürfen, sind mindestens drei Jahre klinische Erfahrung notwendig.
Psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, die über die Grundversicherung abrechnen, müssen zudem eine Zulassung ihres Kantons besitzen.
Das neue Anordnungsmodell
Das sogenannte Anordnungsmodell ist am 1. Juli 2022 in Kraft getreten. Psychologische Psychotherapien werden seither von der Grundversicherung gedeckt.
Der Wechsel zum Anordnungsmodell betrifft auch die Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Weiterbildung.
Wie vom Bundesrat und dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) mehrfach bestätigt, seien die Leistungen der Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Weiterbildung über die betreuende Person abzurechnen, schreibt die Föderation der Schweizer Psychologinnen und Psychologen (FSP) im Communiquè. Die betreuende Person trägt auch die Verantwortung für die Psychotherapie.
Alt versus neu
Im alten Modell war die Betreuungsperson eine Psychiaterin oder ein Psychiater; im neuen ist es ein psychologischer Psychotherapeut oder eine psychologische Psychotherapeutin.
Für die FSP ist klar: Die Möglichkeit zur Abrechnung durch eine betreuende und für die Therapie verantwortliche Fachperson ist ein tragender Pfeiler des Schweizer Gesundheitssystems.
«Dies gilt für die Weiterbildung von Psychotherapeuten sowie wie für die Weiterbildung von Assistenzärzten.» Genauso wie diese würden psychologische Psychotherapeuten in Weiterbildung jährlich mehrere Tausend Patientinnen und Patienten unter qualifizierter Aufsicht betreuen.