Der Bundesrat schiebt den Entscheid zur Genehmigung des Tardoc weiterhin auf die lange Bank. Die neue ambulante Tarifstruktur sei noch nicht in allen Punkten genehmigungsfähig, wie Gesundheitsminister Alain Berset am Freitag an einer Medienkonferenz in Bern sagt.
Auch die vierte Version erfülle die gesetzlichen Anforderungen noch nicht. Insbesondere was die «Kostenneutralität» anbelangt, wie Berset weiter erklärt. Er verweist diesbezüglich auf den
Prüfbericht. Gleichzeitig lobt der Bundesrat die geleistete Arbeit und würdigt den grossen Einsatz von Curafutura, FMH und MTK, die sich sehr stark für die Entwicklung eingesetzt hätten.
Für Alain Berset ist Tardoc eine «gute Basis»
«Dieser Entscheid ist nicht das Ende von Tardoc.» Im Gegenteil, so Berset. Tardoc sei eine «gute Basis», mit der weiterhin gearbeitet werden könne. Es seien inzwischen grosse und «erfreuliche» Fortschritte erzielt worden. Und er glaube, dass Tardoc dereinst genehmigt werden könne.
Der Gesundheitsminister hat die Tarifpartner schliesslich erneut aufgefordert, die Entwicklung der neuen Tarifstruktur im Rahmen der
künftigen nationalen Tariforganisation fortzusetzen. In der Organisation sollen alle Tarifpartner vertreten sein. Bis Ende 2023 muss nun in einer neuen Version gezeigt werden, wie die kostenneutrale Einführung des Tarifs sichergestellt sei.
Gleichzeitige Einführung mit Pauschalen nicht zwingend
Gleichzeitig ersucht der Bundesrat die Partner der Tariforganisation, ihre Arbeiten zur Einführung von Pauschalen für ambulante medizinische Leistungen weiterzuführen. Eine gleichzeitige Einführung von ambulanten Pauschalen und Tardoc ist für Alain Berset aber nicht zwingend.
Ärger und Erleichterung – was Ärzte und Versicherer zum Entscheid meinen:
- FMH, Curafutura, MTK: Es sei ein «unverständlicher» Entscheid und «nicht nachvollziehbar», den Tardoc nicht zu genehmigen. Curafutura, FMH und die MTK bezeichnen es als eine «riesige verpasste Chance». Die Tarifpartnerschaft sei «stark in Mitleidenschaft» gezogen und verzögere eine Tarifierung auf Jahre hinaus. Das Vertrauen zwischen den Tarifpartnern und der Genehmigungsbehörde sei «beschädigt». «Dafür trägt der gesamte Bundesrat die Verantwortung», heisst es. Tardoc erfülle die gesetzlichen Genehmigungskriterien, hätte eine wesentliche Verbesserung gegenüber dem veralteten Tarmed gebracht und die Kostenneutralität sei ohne Mehrkosten sichergestellt. Der Bundesrat verändere nun erneut die Spielregeln.
- Hplus: Der Verband «begrüsst» den Bundesratsentscheid und kann ihn nachvollziehen. Die Tarifpartner hätten nun die Gelegenheit, den Einzelleistungstarif so zu überarbeiten, dass er den Anforderungen des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) und des Bundesrates entspreche. Hplus sei bereit, die Arbeiten im Zusammenhang mit der Gründung der nationalen Tariforganisation aktiv zu unterstützen. Der Spitalverband ruft die Tarifpartner auf, gemeinsam den Tardoc und die ambulanten Pauschalen zu finalisieren beziehungsweise weiterzuentwickeln.
- Santésuisse: Der Verband zeigt sich «erleichtert» über den Entscheid. Der Bundesrat ebne mit der Nichtgenehmigung den Weg, um einen ambulanten Tarif zu implementieren, der von allen Tarifpartnern gemeinsam erarbeitet werde. Für Santésuisse hätte Tardoc zu weiteren Kostensteigerungen und damit zu zusätzlichen Prämienerhöhungen geführt. Der Verband möchte aktiv dazu beitragen, dass alle Tarifpartner gemeinsam ein Modell erarbeiten, das die Anliegen der Prämienzahlende ins Zentrum rücke. Santésuisse sei gewillt, dies zusammen mit den anderen Tarifpartnern unverzüglich an die Hand zu nehmen.
- MFE: Für die Haus- und Kinderärzte ist der Entscheid «absolut unverständlich». Die Nichtgenehmigung setze ein «denkbar schlechtes Zeichen» für die Weiterentwicklung des Gesundheitswesens. Der Bundesrat «desavouiere» die Allianz der reformwilligen Kräfte im Gesundheitswesen und «trete die Tarifpartnerschaft mit Füssen». Der Entscheid spiele jenen Kräften in die Hände, die seit Jahren die Reformarbeit blockieren. Es sei zudem «frustrierend», mit einem veralteten und nicht sachgerechten Tarif weiterarbeiten zu müssen.