Wundern Sie sich über steigende Gesundheitskosten? Dann finden Sie vielleicht Erklärungen in einigen Fragen, die jüngst in einem Qualitätszirkel von Ärzten auftauchten. Zum Beispiel:
Wie kommt es eigentlich, dass Pflegende in Alters- und Pflegeheimen (die «seit ich denken kann» ihre Bewohner und Bewohnerinnen impften) diese nur noch impfen dürfen, wenn ein Arzt vor Ort ist. Während zugleich andere Berufsgruppen neu flächendeckend ohne Arzt vor Ort impfen dürfen?
Wie kommt es eigentlich, dass eine Gruppenpraxis, bestehend aus mehreren Ärzten als Einzelunternehmen, getrennte (!) Apotheken führen muss? Welchen Unterschied macht es, ob ein Paracetamol abgegeben wird, das für Dr. X oder für Dr. Y geliefert wurde?
Esther Wiesendanger ist Fachärztin FHM Allgemeine Innere Medizin, Geschäftsführerin der Medix Praxis Permanence Winterthur und Dozentin am Institut für Hausarztmedizin UZH.
Wie kommt es, dass Ärzte trotz der Medikamenten-Lieferengpässe für unfähig erklärt wurden, Teilpackungen von Medikamenten an Patienten abzugeben, da dies gleichzusetzen sei mit Medikamentenherstellung?
Vor allem: obwohl dies bekannterweise zu Fehlmedikationen führt, da der Patient oder die Patientin später ohne gute Indikation die restlichen Tabletten verwendet (denn als man damals «richtig krank» war, haben sie ja gut geholfen. Aber es war halt ganz eine andere Krankheit…).
Wie kommt es eigentlich, dass das kostengünstige Sterilisieren in Arztpraxen nur noch nach Umbau und teuren Zusatzkontrollen und aufwändiger Dokumentation möglich ist? Was ist davon zu halten, dass deshalb viele Praxen – kaum bemerkt von der Öffentlichkeit – ihren Sterilisator ‚gespendet‘ haben und nun insgesamt teurere, qualitativ schlechtere Einweginstrumente verwenden, was schweizweit zu Tonnen von Mehrabfall führt?
«Wir Ärzte arbeiten nun verwundert mal weiter und sind gespannt, welche neuen Vorschriften in irgendwelchen Büros als nächstes ausgedacht werden.»
Wie kann es sein, dass der Weg zum verstorbenen Patienten abgerechnet werden darf, nicht aber der Rückweg in die Praxis nach Todesfallfeststellung und Kondolieren?
Und kann es sein, dass Krankenkassen in solchen Fällen allen Ernstes schon die Leistung verweigerten, da es sich dabei um eine Rechnung handle mit Positionen in Bezug auf einen nicht mehr lebenden Bürger? Und dass ein Arzt von der Kasse darauf hingewiesen wurde, er könne solche Kosten ja der Gemeinde in Rechnung stellen? Nein, nicht der Wohngemeinde, der Einwohnergemeinde in Italien.
Wie kommt es eigentlich, dass eine Kasse einem Arztkollegen mitteilt, der Konsens von Prio.swiss interessiere sie nicht, sie würden Notfallpauschalen für angestellte Ärzte trotzdem nicht bezahlen: Wenn solche Leistungen erwünscht seien, könne der Kanton ja bezahlen.
Wie kommt es, dass eine Kasse nach einem Gerichtsentscheid für die kostengünstige Notfallmedizin durch Hausärzte deklariert, der Entscheid widerspreche ihrer Strategie – und darum werde man neu die gemäss Gericht rechtens abgerechnete Position nicht mehr vergüten?
Wie kommt das alles? Die Frageliste, die spontan in einem Ärzte-Qualitätszirkel entstand, könnte problemlos fortgesetzt werden. Wir Ärzte arbeiten nun verwundert mal weiter und sind gespannt, welche neuen Vorschriften in irgendwelchen Büros als nächstes ausgedacht werden.
Oder vielleicht wechseln wir den Beruf und treten als Komiker auf? Werden Sie kommen, wenn wir Sie einladen zur Premiere?