Hacker bei Praxisgruppe: Nachhaltiger Schock in der Romandie

Der Ransomware-Angriff auf Vidymed stellt die Ärzte vor enorme Belastungen. Psychologische Betreuung soll dabei unterstützen.

, 12. Januar 2025 um 23:05
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KI-Symbolbild: Medinside
Wie tiefgreifend Cyberattacken gegen Gesundheitseinrichtungen werden können, zeigt ein Fall aus der Romandie: Am 7. Dezember 2024 erlitt die Praxisgruppe Vidymed einen Hacker-Angriff. Es handelte sich offenbar um eine so genannte Ransomware-Attacke, wobei der Zugang zu den Daten blockiert wird.
Jedenfalls haben die Vidymed-Ärzte jetzt, über einen Monat später, immer noch keinen Einblick in die Dossiers ihrer Patienten – und gesperrt ist auch die Agenda der Mediziner.
Immerhin gibt es bislang keine Hinweise auf Datendiebstahl: So tauchten noch keine Informationen über Vidymed-Patienten im Darknet auf; auch gingen keine Erpressungsforderungen ein.
Vidymed betreibt drei medizinische Zentren sowie eine Kinder-Permanence in Lausanne und Épalinges. Dort führen 90 Ärztinnen und Ärzte pro Jahr rund 100'000 Konsultationen durch. Das Prinzip dabei: Das Unternehmen stellt die Infrastruktur, aber letztlich arbeiten die Mediziner unabhängig.
«Ich stelle mir vor, dass es dem sehr nahe kommt, was man empfinden würde, wenn zu Hause eingebrochen wird.»
Viele dieser unabhängigen Ärzte nun jetzt «überhaupt nichts mehr», sagte GL-Mitglied Patrick Marquis zum Fernsehen RTS: «Sie müssen ihre Unterlagen neu aufbauen, was enorm viel Zeit und Energie kostet.» Und weil die Informationen zu den Patienten blockiert sind, können diese auch nicht einfach informiert werden.
Kurz: Die Vidymed-Mediziner müssen alles neu aufsetzen, «was viel Zeit und Energie kostet», so Patrick Marquis in der Hauptausgabe des RTS-«Téléjournal».
Zugleich richtete Vidymed mit Hilfe des Kantons Waadt eine Stelle zur Erfassung der psychischen Belastung der betroffenen Ärzte ein, erklärte der medizinische Direktor auf RTS. Und weiter: «Es ist normal, dass sie verärgert oder wütend auf uns sind; das ist berechtigt.»
Solch eine Cyberattacke habe etwas Verstörendes: «Ich stelle mir vor, dass es dem sehr nahe kommt, was man empfinden würde, wenn zu Hause eingebrochen wird. Die virtuelle Seite hat einen entmutigenden Aspekt, weil man nicht weiss, wo sie endet. Es gibt eine grosse Schockwirkung, die meiner Meinung nach sehr nachvollziehbar ist.»
Zugleich wird nun vor weiteren Phishing-Attacken gewarnt: Kriminelle versuchen oft, in dieser Situation neue Zugänge zu erhalten – indem sie sich beispielsweise als Versicherer ausgeben, die mit dem Cyber-Vorfall befasst sind und nun weitere Daten benötigen.

  • Wenn ethische Hacker ins Spital einbrechen. Zunehmend lassen sich Schweizer Spitäler legal hacken. Mit teils beunruhigenden Ergebnissen, so Cybersecurity-Spezialist Sandro Nafzger.

Mehr / Hattip: NZZ

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