Seit Anfang des Jahres haben mehrere Versicherungen die automatische Erstattung von Behandlungen im Zusatzversicherten-Bereich eingestellt. Dies weckt den Widerstand von Patienten und Leistungserbringern insbesondere in den Kantonen Waadt und Genf.
Da sich die Parteien nicht einigen konnten, sind die Folgen bereits spürbar: Operationen werden verschoben oder nicht übernommen, Patienten werden an andere Einrichtungen oder sogar an andere Kantone verwiesen. Einigen chronisch Kranken droht, dass sie den Arzt wechseln müssen. Andere haben sogar Kosten vorgestreckt, in der Hoffnung, dass die Versicherung dereinst zahlt.
Genf versucht, die Krise zu entschärfen
In dieser Lage beschloss der Kanton Genf, zur Lösung des Konflikts beizutragen: Das Gesundheitsdepartement organisierte einen Runden Tisch mit den Tarifpartnern und stellte ein Ultimatum: Bis 15. April müsse ein Übergangsabkommen gefunden werden. Ein solches Abkommen würde es ermöglichen, die Situation zumindest bis Ende 2025 zu entschärfen.
Pierre Maudet, der für Gesundheit zuständige Staatsrat, plädiert für das von der Genfer Ärztevereinigung (AMGe) vertretene Modell. Dabei wird in den Rechnungen klar unterschieden, was unter die Grundversicherung fällt und was von der Zusatzversicherung übernommen werden muss. Das Modell bereits von drei Versicherern übernommen: Assura, Groupe Mutuel und Swica.
Privater Bereich, öffentliche Antwort
Nur: Warum greift eine kantonale Behörde in einen Bereich ein, der dem Privatrecht unterliegt? Diese Frage stellte
Radio RTS an Maudet. Für den Genfer «Gesundheitsminister» bedeutet Untätigkeit, dass ein Dominoeffekt auf die öffentlichen Spitäler wie auf die Grundversicherung droht. «Die Patienten werden als Geiseln genommen», wiederholte Maudet und griff damit einen Ausdruck auf, der seit mehreren Monaten in der Romandie kursiert.
In Genf, so erinnerte Maude, «wird etwa ein Drittel der Akutversorgung von Privatkliniken übernommen». Die Situation sei also eine ernst zu nehmen – sowohl gesundheitlich als auch wirtschaftlich. Der Kanton will verhindern, dass die Öffentlichkeit überfordert wird.
Versicherer unter Druck
«Wir müssen die Fronten zusammenführen», betonte Maudet.
Denn auf der anderen Seite stehen die Versicherer ebenfalls unter Druck: Die Aufsichtsbehörde Finma hat kürzlich ihre Anforderungen für die Privat-Versicherungen verschärft. Einige Kassen befürchten nun, dass sie die Vorschriften nicht einhalten. «Ich möchte glauben, dass die Versicherer in gutem Glauben handeln», meinte Maudet.
Würden die grössten Versicherer zustimmen würden, sich dem Übergangsmodell anzuschliessen, so könnte dies 80 Prozent statt heute bislang 40 Prozent der Genfer Versicherten umfassen.
Waadtländer Ärzte protestieren
Die Ärzte erinnern daran, dass die Zusatzversicherten sowohl in normalen Zeiten als auch in Krisenzeiten eine Schlüsselrolle für das Gleichgewicht des Gesundheitssystems spielen. Sie fordern die Finma auf, die neuen Regeln so schnell wie möglich überprüfen, insbesondere die Frage der Erstattung von Behandlungen, wenn keine Leistungsvertrag besteht.
Die SVM warnt auch vor unlauterem Wettbewerb und Einschränkungen der Wahlfreiheit: Patienten könnten dazu gedrängt werden, ihre Ärzte zu wechseln, oder an Strukturen verwiesen werden, die von ihren Versicherern vorgeschrieben werden.
Interview mit Pierre Maudet in «La matinale» von RTS, 1. April 2025: