Das Projekt
«Was hab ich?» haben wir hier ja auch schon präsentiert, es wurde in Deutschland vielfach ausgezeichnet: Dabei übersetzen Medizinstudenten und Ärzte ehrenamtlich Befunde auf Alltagsdeutsch. Kostenlos und anonym können die Patienten also online erfahren, was der Doktor über sie geschrieben hat.
Jetzt startet der «Übersetzungsdienst» mit einer Schweizer Site. Ab sofort können hiesige Patienten auf
Washabich.ch ihre Befunde einreichen. Innert weniger Tage erhalten sie eine Übersetzung des «Mediziner-Lateins».
Trainingsfeld für Mediziner
Unterstützt werden die «Was hab ich?»-Macher von der Insel Gruppe: Der Berner Spitalverbund wird dem Startup beim Aufbau eines Schweizer Netzwerks helfen.
«Wir sind überzeugt, dass ein informierter Patient viel besser am Behandlungs- und Heilungsverlauf teilnehmen kann», sagt Henrik Pfahler, Bereichsleiter Medizinsteuerung der Insel Gruppe in Bern. «Auf der anderen Seite lernen Medizinstudierende so schon in ihrer Ausbildung, sich laienverständlich auszudrücken.» — «Was hab ich?» quasi als Intensiv-Training in patientenfreundlicher Kommunikation…
Online-Auftritt von «Was hab ich?» Schweiz
Zu den Starthelfern in der Schweiz zählt auch die
Stiftung Konsumentenschutz: Die neue Site ermögliche es hiesigen Patienten, «ihre Rolle im Gesundheitssystem aktiv wahrzunehmen», sagt Ivo Meli, Projektleiter Gesundheit der SKS. «Damit kommen wir unserem Anliegen, unnötige Behandlungen zu vermeiden und damit die Versorgungsqualität zu verbessern, ein Stück näher.»
Unterstützung zugesagt haben ferner die Swiss Medical Students‘ Association
Swimsa sowie dem Assistenz- und Oberärzteverband
VSAO.
Erstes Ziel ist nun, viele Schweizer Mediziner, ob angehend oder erfahren, für das Ehrenamt als Übersetzer zu gewinnen. Gesucht seien auch weitere Unterstützer für das gemeinnützige Projekt, so die
Mitteilung der Insel Gruppe.
Wer versteht, fragt besser
«Was hab‘ ich?» war 2011 von Studenten in Dresden gegründet worden. Es basiert auf der einfachen Idee, das Wissen von Medizinstudierenden gratis für die Patienten zugänglich zu machen. «Unsere Vision ist es, Arzt und Patienten auf Augenhöhe zu bringen», sagt Mitgründer und Geschäftsführer Ansgar Jonietz. «Denn wer seinen Befund versteht, der kann dem Arzt im nächsten Gespräch bessere Fragen stellen. Der kann informiertere Entscheidungen treffen – zum Beispiel für oder gegen eine Operation.»
Bis heute wurden in Deutschland via «Was hab ich?» knapp 35'000 Befunde übersetzt.
«Good-bye» auf Deutsch: Eine Kooperation von «Was hab ich?» und den Paracelsus-Kliniken
In Deutschland taten sich die «Was hab ich?»-Macher Ende 2015 auch mit den Paracelsus-Kliniken zusammen – also einer Gesundheitsgruppe mit rund 40 Einrichtungen. Gemeinsam lancierten sie die Idee eines «Entlassungs-Briefes».
Das heisst: Jeder Patient der Inneren Abteilung erhält den vorläufigen Arztbrief, der nach dem stationären Aufenthalt an den Hausarzt geht, als Patientenbrief nach Hause geschickt – in Alltagssprache. Die Arztbriefe werden von Mitarbeitern von «Was hab‘ ich?» übersetzt; die Kosten trägt komplett die Klinik. Das Gemeinschaftsprojekt wird aber auch vom deutschen Gesundheitsministerium gefördert.
Patienten vergessen Informationen rasch
Im Hintergrund steht, dass viele Menschen den Bekannten oder Verwandten gar nicht recht erklären können, was nun medizinisch Sache ist bei ihnen – und sie vergessen auch innert Kürze bis zu 80 Prozent der Informationen, die ihnen der Arzt gegeben hat.
Die Macher der Paracelsus-Kliniken hoffen, dass das Projekt auch die Art verändert, wie Patienten mit ihren Ärzten reden, und dass der Dialog partnerschaftlicher wird.
Der Versuch stiess in der ersten Phase auf grosse Resonanz:
Zwei von drei Patienten nutzten das Angebot in den ersten neun Monaten.