Nun schlägt auch die Notfallpflege Alarm

Nun auch die Notfallpflege Schweiz: Sie stellt vier konkrete Forderungen, um die prekäre Situation auf den Notfallstationen zu entschärfen.

, 20. Juli 2022 um 06:26
image
  • spital
  • notfall
Steter Tropfen höhlt den Stein. Vergangene Woche war es die Zürcher Gesundheitsdirektion, diese Woche ist es der Vorstand der Notfallpflege Schweiz, der Alarm schlägt. Ihre Botschaft: Die Lage auf den Notfallstationen ist prekär.
Daher stellt die Notfallpflege Schweiz folgende konkrete Forderungen:
  • Schaffung zusätzlicher Pflegestellen in den Notfallstationen, um die bestehende Belegschaft zu entlasten und fehlende Ressourcen auszugleichen.
  • Steigerung der Attraktivität der Pflegeberufe durch neue, innovative und selbstbestimmte Arbeitszeitmodelle, die den Pflegefachpersonen mehr Erholung und Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ermöglichen.
  • Neubeurteilung der Lohnstrukturen für diplomierte Expertinnen und Experten Notfallpflege NDS HF, um ihnen die Wertschätzung für ihren Einsatz entgegenzubringen. 
  • Lancierung einer öffentlichen Sensibilisierungskampagne über alternative Behandlungsangebote bei nicht schwerwiegenden Erkrankungen und Verletzungen.
Zu diesem vierten Punkt schreibt die Notfallpflege Schweiz, dass der Öffentlichkeit klar gemacht werden müsse, dass Patientinnen und Patienten nach Dringlichkeit des Anliegens und nicht nach der Ankunftszeit oder Dauer der Anwesenheit behandelt würden. «Wird eine Notfallstation auf Grund eines wenig akuten Problems aufgesucht, müssen die unumgänglichen Wartezeiten von den Patientinnen, Patienten und deren Angehörigen in Kauf genommen werden.»

Zürich und Freiburg machen es vor

Der Interessenverband Notfallpflege Schweiz, bei dem die diplomierten Fachangestellten der Notfallpflege Mitglied sind, hebt als positive Beispiele Zürich und Freiburg hervor, wo die Lohnstrukturen der diplomierten Expertinnen Notfallpflege neu beurteilt wurden. 
In der Stadt Zürich erhalten 70 Prozent der 4000 Pflegefachpersonen mehr Lohn, wie hier zu lesen war. Und auch der Staatsrat des Kanton Freiburg hat die Gehälter der Pflegefachkräfte mit Fachausbildung Notfallpflege und Intensivpflege aufgewertet. 
Doch Remo Fürer, Geschäftsführer von Notfallpflege Schweiz, erklärt im Gespräch mit Medinside, dass er im Falle von Freiburg die Nichtberücksichtigung der Pflegefachkräfte mit Fachausbildung Anästhesiepflege so nicht nachvollziehen kann. 

Aerztefon statt Notfall

Vor Wochenfrist haben bereits die Zürcher Gesundheitsdirektion, der Verband der Zürcher Krankenhäuser (VZK) und die Zürcher Ärztegesellschaften auf die überfüllten Notfallstationen aufmerksam gemacht. Sie legen der Bevölkerung  ans Herz, bei nicht lebensbedrohlichen gesundheitlichen Problemen das Aerztefon zu benutzen, sollte die Hausärztin abwesend sein.

«Wir sind gegen eine Eintrittspauschale»

Was aber hält Notfallpflege Schweiz von einer Gebühr, die Patientinnen und Patienten beim Aufsuchen des Spitalnotfalls zu entrichten haben? Wie hier berichtet, ist im Bundesparlament eine parlamentarische Initiative des grünliberalen ehemaligen Nationalrats Thomas Weibel hängig. Sie verlangt, die gesetzlichen Regelungen so anzupassen, dass alle Patienten, die eine Spitalnotfallpforte aufsuchen, vor Ort eine Gebühr von beispielsweise 50 Franken bezahlen müssten.
«Wir haben uns grundsätzlich gegen diese Eintrittspauschale ausgesprochen, da dies nicht die Lösung des Problems sein kann», erklärt Geschäftsführer Remo Fürer auf Anfrage. Die Vorgehensweise sei mit zusätzlichem administrativem Aufwand verbunden und würde zu Auseinandersetzungen mit Patientinnen und Patienten führen.
Das Ziel muss laut Fürer sein, die Gesellschaft besser über Alternativangebote zu informieren. Der Besuch in einer Apotheke könne bereits zur Linderung von Beschwerden führen.
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Hoch Health Ostschweiz: Die Geschäftsleitung steht

Neben Simon Wildermuth im Amt des CEO übernehmen weitere Geschäftsleitungsmitglieder Interims-Funktionen.

image

So wird KI fit für die klinische Routine

Vivantes integriert mit clinalytix KI in die täglichen Behandlungsprozesse

image

GZO Spital Wetzikon: Definitive Nachlassstundung bewilligt

Damit wird dem Spital Wetzikon die benötigte Zeit eingeräumt, um das Sanierungskonzept anzugehen.

image

Das MediData-Netz: Damit alle profitieren

Die Digitalisierung im Gesundheitssystem ist dringend und bringt Vorteile für Health Professionals und Patient:innen. Die Standardisierung des Forums Datenaustauschs ermöglicht eine sichere Vernetzung und effiziente Prozesse. Das MediData-Netz ermöglicht die schnelle Implementierung neuer Lösungen.

image

Gesundheitsfördernde Materialien gesucht?

Die Wahl passender Materialien ist bei Neu- und Umbauten eine grosse Herausforderung – auch im Gesundheitsbereich. Denn diese müssen unterschiedlichen und hohen Anforderungen gerecht werden. Nicht immer ist das jahrelang Eingesetzte die beste Wahl und neue Alternativen haben es schwer.

image

Notfall-Pauschalen: Swiss MediKids findet einen Ausweg

Nach dem Bundesgerichts-Urteil sichert sich die Praxisgruppe die Zukunft dank Abkommen mit grossen Kassen: Diese decken 70 Prozent der ausfallenden Notfallpauschalen.

Vom gleichen Autor

image

«Kritiker der Komplementärmedizin haben eine zu einseitige Sicht»

SP-Ständerätin Franziska Roth kritisiert im Interview die Haltung von Gegnern der Komplementärmedizin. Sie verkennen den Wert der ärztlichen Expertise.

image

Physiotherapie: Die Stolpersteine im Tarifstreit

Wie weiter im Tarifstreit in der Physiobranche? Die Frage ist: Welcher Streit – jener über die Tarifstruktur oder jener über den Preis?

image

So funktioniert die Sterbehilfe in Europa

In mehreren Ländern Europas ist die Sterbehilfe entkriminalisiert worden. Ein Überblick.