Steter Tropfen höhlt den Stein. Vergangene Woche war es die Zürcher Gesundheitsdirektion, diese Woche ist es der Vorstand der Notfallpflege Schweiz, der Alarm schlägt. Ihre Botschaft: Die Lage auf den Notfallstationen ist prekär.
Daher stellt die Notfallpflege Schweiz folgende konkrete Forderungen:
- Schaffung zusätzlicher Pflegestellen in den Notfallstationen, um die bestehende Belegschaft zu entlasten und fehlende Ressourcen auszugleichen.
- Steigerung der Attraktivität der Pflegeberufe durch neue, innovative und selbstbestimmte Arbeitszeitmodelle, die den Pflegefachpersonen mehr Erholung und Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ermöglichen.
- Neubeurteilung der Lohnstrukturen für diplomierte Expertinnen und Experten Notfallpflege NDS HF, um ihnen die Wertschätzung für ihren Einsatz entgegenzubringen.
- Lancierung einer öffentlichen Sensibilisierungskampagne über alternative Behandlungsangebote bei nicht schwerwiegenden Erkrankungen und Verletzungen.
Zu diesem vierten Punkt schreibt die Notfallpflege Schweiz, dass der Öffentlichkeit klar gemacht werden müsse, dass Patientinnen und Patienten nach Dringlichkeit des Anliegens und nicht nach der Ankunftszeit oder Dauer der Anwesenheit behandelt würden. «Wird eine Notfallstation auf Grund eines wenig akuten Problems aufgesucht, müssen die unumgänglichen Wartezeiten von den Patientinnen, Patienten und deren Angehörigen in Kauf genommen werden.»
Zürich und Freiburg machen es vor
Der Interessenverband Notfallpflege Schweiz, bei dem die diplomierten Fachangestellten der Notfallpflege Mitglied sind, hebt als positive Beispiele Zürich und Freiburg hervor, wo die Lohnstrukturen der diplomierten Expertinnen Notfallpflege neu beurteilt wurden.
In der Stadt Zürich erhalten 70 Prozent der 4000 Pflegefachpersonen mehr Lohn, wie
hier zu lesen war. Und auch der Staatsrat des Kanton Freiburg hat die Gehälter der Pflegefachkräfte mit Fachausbildung Notfallpflege und Intensivpflege aufgewertet.
Doch Remo Fürer, Geschäftsführer von Notfallpflege Schweiz, erklärt im Gespräch mit Medinside, dass er im Falle von Freiburg die Nichtberücksichtigung der Pflegefachkräfte mit Fachausbildung Anästhesiepflege so nicht nachvollziehen kann.
Aerztefon statt Notfall
Vor Wochenfrist haben bereits die Zürcher Gesundheitsdirektion, der Verband der Zürcher Krankenhäuser (VZK) und die Zürcher Ärztegesellschaften auf die überfüllten Notfallstationen aufmerksam gemacht. Sie legen der Bevölkerung ans Herz, bei nicht lebensbedrohlichen gesundheitlichen Problemen das Aerztefon zu benutzen, sollte die Hausärztin abwesend sein.
«Wir sind gegen eine Eintrittspauschale»
Was aber hält Notfallpflege Schweiz von einer Gebühr, die Patientinnen und Patienten beim Aufsuchen des Spitalnotfalls zu entrichten haben? Wie
hier berichtet, ist im Bundesparlament eine parlamentarische Initiative des grünliberalen ehemaligen Nationalrats Thomas Weibel hängig. Sie verlangt, die gesetzlichen Regelungen so anzupassen, dass alle Patienten, die eine Spitalnotfallpforte aufsuchen, vor Ort eine Gebühr von beispielsweise 50 Franken bezahlen müssten.
«Wir haben uns grundsätzlich gegen diese Eintrittspauschale ausgesprochen, da dies nicht die Lösung des Problems sein kann», erklärt Geschäftsführer Remo Fürer auf Anfrage. Die Vorgehensweise sei mit zusätzlichem administrativem Aufwand verbunden und würde zu Auseinandersetzungen mit Patientinnen und Patienten führen.
Das Ziel muss laut Fürer sein, die Gesellschaft besser über Alternativangebote zu informieren. Der Besuch in einer Apotheke könne bereits zur Linderung von Beschwerden führen.