Derzeit wird heftig über die Einführung einer 42-Stundenwoche für Assistenz- und Oberärzte diskutiert; eine 38-Stunden Woche bei vollem Lohn wird aktuell vom Pflegepersonal des GZO Spital Wetzikon getestet. Trotz positivem Fazit sei das Modell langfristig nicht finanzierbar,
so allerdings ein erstes Fazit.
Anders sieht die Situation in Dänemark aus. Hier gilt für Ärzte sowie Pflegende die 37-Stunden-Woche,
Work-Life-Balance wird grossgeschrieben. Im
«Tagesanzeiger Magazin» berichtet der Schweizer Chirurg Christoph Tschuor über seine Erfahrungen im dänischen Gesundheitswesen:
So sei es akzeptiert, dass sich Ärzte abmelden, weil sie sich für die Arbeit nicht fit genug fühlten oder am Vortag über Mitternacht hinaus gearbeitet hätten. «Man verlässt sich aufs Team. Es ist akzeptiert und respektiert, dass private Angelegenheiten nicht immer planbar sind.»
Arbeite er mal länger als 37-Stunden, so könne er die Überzeit kompensieren oder sich auszahlen lassen.
Administration falle deutlich weniger an, weil die Digitalisierung weit fortgeschritten sei.
So paradiesisch diese Zustände sind, so haben sie auch seinen Preis: Laut Tschuor würde er in der Schweiz mindestens 50 Prozent mehr verdienen.
Super-Hospital-Programm
Das nordische Land baut seine Spitallandschaft derzeit komplett um. 2007 startete die dänische Regierung das
Super-Hospital-Programm mit dem Ziel, durch die Konzentration und Spezialisierung die Behandlungsqualität zu verbessern und gleichzeitig die Wirtschaftlichkeit des Gesundheitssystems zu erhöhen.
- Von den einstmals 78 Akutspitälern bleiben gerade noch 21 übrig. Ein Teil der Regionalspitäler wurde ersatzlos geschlossen, andere zu ambulanten Gesundheitszentren umfunktioniert.
- Rund sieben Milliarden Franken investiert der Dänische Staat aktuell in die Erneuerung seiner Krankenhäuser.
- Hochspezialisierte Eingriffe werden nur noch in ein bis drei Spitälern in Dänemark ausgeführt.
- Die Wirtschaftlichkeit der Spitäler muss um 4 bis 8 Prozent gesteigert werden.
- Die Zahl der Spitalbetten wird um 20 Prozent reduziert. Bereits heute hat Dänemark pro Kopf halb so viele Spitalbetten wie die Schweiz.
- Hierzulande bleiben die Patienten im Schnitt sechs Tage in stationärer Behandlung. In Dänemark sind es drei Tage, und künftig sollen noch mehr Behandlungen ambulant durchgeführt werden.
- Wer in Dänemark wohnt, hat kostenlosen Zugang zum öffentlichen Gesundheitssystem. Dieses wird zu 84 Prozent über Steuern der Zentralregierung finanziert, den Rest steuern die Gemeinden bei.
- Die Gesundheitsausgaben dürfen in der Regel jährlich nicht mehr als 1 bis 2 Prozent wachsen, parallel zum Wirtschaftswachstum. Dänemark gibt pro Kopf 6300 Dollar für die Gesundheitsversorgung aus, die Schweiz 8000.
Kritik
Die dänischen Patienten müssten teils lange Wartezeiten in Kauf nehmen; gerade bei Tumorbehandlungen könne so wertvolle Zeit verstreichen, bis die Untersuchung stattfinde oder die Behandlung beginne. Und auch vom Fachkräftemangel bleibt Dänemark nicht verschont: Es fehlt an Hausärzten und an ausgebildeten Pflegefachkräften: Von 40’000 Stellen sind rund 5000 unbesetzt, und jährlich verlassen 1000 bis 2000 Pflegende ihren Job.
Grund: Die hohe Arbeitsbelastung lasse ihnen zu wenig Zeit, sich um die Patienten zu kümmern.