Heinz Locher hat einmal gesagt, er gehöre zu den gefährlichsten Menschen. «Ich bin ein alter Mann, der nichts zu verlieren hat und alles sagen kann». In einem
Interview mit der «Handelszeitung» (Abo) äussert sich der bekannte Gesundheitsökonom nun zum Zusammenschluss der beiden Krankenkassen Visana und Atupri zur Gruppe Atusana.
Die beiden Berner Versicherer sagen offiziell, dass der Zusammenschluss
«als Kombinationsfusion auf Augenhöhe» erfolge. Doch für Heinz Locher ist Atupri der Juniorpartner. Das zeige schon der Grössenvergleich: Die Atupri habe rund 153’000 Versicherte, die Visana rund 644’000. Im Klartext: «Es ist eine Übernahme, die Visana schluckt die Atupri.»
Visana, Atupri und KPT?
Die ehemalige SBB-Betriebskrankenkasse habe die kritische Grösse nicht mehr erreicht, um im Wettbewerb bestehen zu können, sagt er weiter. Im Jahr 2023 geriet sie in eine schwierige Situation, weil ihre Prämien zu teuer waren.
Sie verlor massiv Versicherte. Kassen, die an traditionellen Geschäftsmodellen festhalten – wie die Atupri – geraten gemäss Locher unter Druck. Generell seien ab Platz zehn der grössten Krankenkassen alle Übernahmekandidaten.
Locher stellt sich zudem die Frage, ob die Krankenkasse KPT, die ja auch in Bern zu Hause ist, nicht auch Teil dieser Berner Gruppe werden sollte. Ein Dreierallianz würde Sinn ergeben, sagt er.
Ein Stellenabbau sei wahrscheinlich
Atusana, so heisst die neue Krankenkassengruppe, versichert, dass beide Kassen unabhängig bleiben sollen; ein Stellenabbau sei damit nicht verbunden. Für Locher ist ein vollständiger Zusammenschluss aber unabdingbar, weil sonst die Synergieeffekte nicht erreicht werden könnten. «Dies nicht bereits jetzt offenzulegen, ist psychologisch klug.» Man dürfe nichts überstürzen, denn die Unternehmenskulturen seien sehr unterschiedlich. Ein Stellenabbau sei wahrscheinlich, könne aber durch natürliche Fluktuation bewältigt werden.
Die beiden Spitzenpositionen der neuen Krankenkassengruppe besetzen Personen aus dem Hause Visana. Interessant sei nun, so Locher weiter, welche der beiden Unternehmenskulturen sich durchsetzen werde. Die Visana sei gut unterwegs, aber auf Berndeutsch etwas «behäbig», nicht dynamisch. Die Atupri habe eine gute Servicekultur und Kundenorientierung und werde Dynamik in die neue Organisation bringen. Ein Innovationsschub sei nötig und vielleicht bringe das Atupri-Management diesen Schwung mit. «Es ist ja häufig der Fall, dass ein grosses Unternehmen ein kleineres übernimmt, aber dass sich dann aber die Kultur des kleineren Players durchsetzt», so Locher.