Der Fall findet gerade in Deutschland viel Beachtung: Das Oberlandesgericht in München verurteilte einen Arzt zur Zahlung von 40'000 Euro Schmerzensgeld. Der Vorwurf: Er hatte einen Mann durch künstliche Ernährung zu lange am Leben erhalten und so sein Leiden verlängert.
Speziell wird der Fall auch, weil der Arzt die 40'000 Euro an den Sohn des inzwischen verstorbenen Patienten bezahlen muss. Ursprünglich hatte der Nachkomme ein Schmerzensgeld 100'000 Euro verlangt, ferner Schadenersatz für 50'000 Euro Behandlungskosten.
Leben als «Schaden im Rechtssinne»
Die Verpflichtung ergibt sich daraus, dass der Mediziner das Schmerzensgeld dem Patienten zu erstatten hätte – so dass die Summe letztlich in die Erbmasse gehörte.
Der heiklere Punkt ist aber der Vorwurf der unnötigen Lebensverlängerung. Der Patient war jahrelang dement und wurde ab 2006 per Magensonde ernährt. Spätestens ab 2010 – ein Jahr vor dem Tod des Mannes – sei die Sonde nicht mehr angemessen gewesen, so die Kritik des Erben. Der Arzt hätte die Ernährung und die lebensverlängernden Massnahmen intensiv mit dem verantwortlichen Betreuer erörtern müssen, dies aber nicht getan. Dadurch sei dem alten Mann unnötig Leid zugefügt worden.
Das Gericht schloss sich dieser Sichtweise im Kern an: Es könne durchaus einen Schaden im Rechtssinne darstellen, dass der Patient länger lebte. Die künstliche Ernährung habe «einen rechtswidrigen körperlichen Eingriff» dargestellt, sie sei damit ein Behandlungsfehler gewesen – sowie eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Patienten.