Der Bundesrat will dafür sorgen, dass die Kosten nur in dem Umfang steigen, wie sie medizinisch begründbar sind. Denn die Kostenzunahme im Gesundheitswesen sei auch auf ein Mengenwachstum zurückzuführen, das sich medizinisch kaum begründen lasse, heisst es
in einer Mitteilung am Donnerstag.Geprüft werden in einem ersten Paket folgende Massnahmen:
- 1. Experimentierartikel: Kantone und Tarifpartner sollen zur Dämpfung des Kostenwachstums innovative Projekte ausserhalb des Rahmens des KVG entwickeln können. Denkbar seien etwa Pilotprojekte zur einheitlichen Finanzierung stationärer und ambulanter Leistungen, die Verpflichtung zu Pauschalabgeltungen im ambulanten Bereich oder Versuche im Bereich der integrierten Versorgung.
- 2. Rechnungskopie Patient: Patienten sollen nach einem Arzt- oder Spitalbesuch in jedem Fall eine verständliche Rechnungskopie erhalten. Dies soll auch für Spitalabrechnungen gelten. Die Patienten sollen so überprüfen können, ob die Rechnung der erbrachten Behandlung entspricht. Zudem kann damit das Kostenbewusstsein der versicherten Personen gestärkt werden.
- 3. Rechnungskontrolle stärken: Leistungskontrolle und Rechnungsprüfungen durch die Krankenversicherer sollen systematischer erfolgen. Fehlbare Leistungserbringer sollen finanziell zur Rechenschaft gezogen werden können.
- 4. Governance-Konflikt der Kantone reduzieren: Um Interessenkonflikte zu vermeiden oder zu reduzieren soll eine unabhängige Tarifgenehmigungsinstanz für die kantonalen Tarife oder zumindest für die Spitaltarife geschaffen werden.
- 5. Nationales Tarifbüro: Die Tarifpartner sollen verpflichtet werden – analog zum stationären Bereich – auch für den ambulanten Leistungsbereich ein nationales Tarifbüro einzusetzen. Aufgabe dieses Tarifbüros ist es, die Einzelleistungs-Tarifstrukturen weiter zu entwickeln, anzupassen und zu pflegen. Die Tarifpartner unterbreiten die erarbeiteten Strukturen und Massnahmen anschliessend dem Bundesrat zur Genehmigung.
- 6. Steuerung der Kosten durch Tarifpartner: Die Leistungserbringer und Versicherer sollen gesetzlich verpflichtet werden, in ihren Tarifverträgen Massnahmen zur Steuerung der Kosten und Leistungen vorzusehen. Tun sie dies nicht, kann die Genehmigungsbehörde (Bundesrat oder Kantone) solche Massnahmen festsetzen.
- 7. Pauschalen im ambulanten Bereich: Um die Pauschalabgeltung im ambulanten Bereich zu fördern, sollen die Leistungserbringer dazu verpflichtet werden, mit den Versicherern mehr Pauschalen im ambulanten Bereich zu vereinbaren oder zumindest mehr Anreize für deren Vereinbarung zu setzen. Um diese Entwicklung zu fördern, soll die subsidiäre Kompetenz des Bundesrates in diesem Bereich erweitert werden.
- 8. Tarifstruktur aktuell halten: Die Tarifpartner sollen im ambulanten Bereich zur Datenlieferung an den Bundesrat verpflichtet werden, wofür derzeit keine genügende gesetzliche Grundlage besteht. Die Massnahme soll dazu beitragen, das aktuelle Mengenwachstum bei den ärztlichen Leistungen in Arztpraxen und Spitalambulatorien auf ein vernünftiges Mass zurückzufahren.
- 9. Einführung Beschwerderecht Spitalliste: Mit der Einführung einer neuen Bestimmung im KVG sollen die Versicherer und ihre Verbände zur Beschwerde gegen Verfügungen der Kantonsregierungen in Sachen Spital- und Pflegeheimliste berechtigt werden.
- 10. Unabhängige Rechnungskontrollbehörde: Krankenversicherer sind dafür zuständig, die Rechnungen der Leistungserbringer zu kontrollieren. Diese Rechnungsprüfung soll intensiviert werden. Bleibt die gewünschte Wirkung aus, soll eine unabhängige Rechnungskontrollbehörde geschaffen werden.
- 11. Skaleneffekte in Tarifstruktur: Effizienzgewinne, die durch Skaleneffekte entstehen, sollen in der Tarifstruktur abgebildet und an die Patienten weitergegeben werden. Teilweise werden solche Skaleneffekte bereits berücksichtigt, indem bei gewissen Leistungen der Tarif für jeden weiteren Eingriff (z.B. für die Korrektur des zweiten und dritten Fingers) tiefer ist als für den ersten Eingriff.
- 12. Referenzpreissystem: Bei Medikamenten, die gleich wirken, sollen immer die günstigsten zur Anwendung kommen. Mit einem Referenzpreissystem legt der Bund insbesondere bei patentabgelaufenen Arzneimitteln einen Referenzpreis (im Vergleich mit Ausland) fest. Nur dieser würde von der Grundversicherung vergütet. Patientinnen und Patienten, die ein teureres Arzneimittel beziehen, müssten die Preisdifferenz selbst bezahlen.
Das Kostendämpfungs-Programm greift damit die 38 Vorschläge auf, die eine Expertengruppe im Herbst 2017 vorgelegt hat. Die Landesregierung wolle alle Akteure des Gesundheitswesens in die Verantwortung nehmen. Die Vernehmlassung dazu wird im Herbst 2018 eröffnet.
Globalbudget: Zweites Paket folgt im Jahr 2019
Nächstes Jahr soll dann ein zweites Paket folgen, heisst es weiter. Ziel sei die obligatorische Krankenpflegeversicherung mit Massnahmen zu entlasten, etwa bei den Arzneimitteln, mit einer angemessenen Versorgung und durch mehr Transparenz. Bestehende Datengrundlagen sollen ferner auf nationaler Ebene besser vernetzt, vervollständigt und zugänglich gemacht werden.
Um die Kosten zu steuern und das Kostenwachstum in der Grundversicherung auf ein tragbares Mass zu reduzieren, soll darüber hinaus die Einführung von verbindlichen Zielvorgaben (Globalbudget) geprüft werden. Im Fall von Zielüberschreitungen greifen Sanktionen, um das Kostenbewusstsein der verantwortlichen Akteure zu erhöhen. Bis Ende 2018 wolle der Bundesrat darüber eine Aussprache führen.
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