Dienst auf dem Insel-Notfall: Nur für abgebrühtes Personal

Wer im Inselspital-Notfall arbeitet, muss gute Nerven haben: Jeden Tag muss der Sicherheitsdienst mehrmals eingreifen, weil Patienten handgreiflich werden.

, 13. Januar 2021 um 15:26
image
1600 Mal, also täglich viermal, sind letztes Jahr in der Notfall-Aufnahme des Berner Inselspitals Patienten ausgerastet. Sie greifen Pflegepersonal und Ärzte an, schlagen oder treten um sich. Die Spitalangestellten haben die Anweisung, in solchen Fällen sofort den spitalinternen Sicherheitsdienst zu rufen. Diese sind geschult darin, aggressive Patienten wieder zu beruhigen, wie Adrian Grob, der Sprecher des Inselspitals, gegenüber Medinside erklärte. Er bestätigte die Zahlen, welche Radio Energy verbreitet hatte.

20 Prozent mehr als letztes Jahr

Bemerkenswert ist, dass die Fälle gegenüber dem Vorjahr um 20 Prozent zugenommen haben. Den Grund dafür kenne man nicht, sagt Adrian Grob. Viele Gewaltattacken gehen von Patienten aus, die nach einer Schlägerei selber in die Notfallstation kommen. «Häufig sind sie wegen Alkohol, Tabletten oder Drogen nicht mehr zurechnungsfähig», schildert der Sprecher.

Alltag im Notfall - aber nicht in diesem Ausmass

Für das Personal im Notfall sind solche Patienten kein neues Phänomen. «Sie wissen, wie sie mit ihnen umgehen müssen», erklärt Grob. Beängstigend sei aber, dass die Zahl der gewalttätigen Patienten so stark zugenommen habe.

Am USZ in Zürich «nur» 900 Einsätze

Auch am Universitätsspital Zürich (USZ) müssen immer wieder die Mitarbeitenden des Sicherheitsdiensts aufgeboten werden - allerdings weit weniger als in Bern: 900 Fälle verzeichnet das USZ pro Jahr, mit steigender Tendenz.
«Wegen der restriktiven Besucher- und Zutrittsregelung am USZ, gab es im Zusammenhang mit Covid-19 einige Interventionen mehr», sagt Mediensprecher Marcel Gutbrod gegenüber Medinside.

USZ-Notfall wird nachts permanent bewacht

Dass es im USZ-Notfall zu weniger Einsätzen kommt, als im Insel-Notfall, kann laut Gutbrod zwei Ursachen haben: Einerseits werde der USZ-Notfall nachts permanent von Sicherheitskräften bewacht. Andererseits erarbeite der professioneller Sicherheitsdienst jedes Jahr zusammen mit der Leitung des Instituts für Notfallmedizin ein Programm zur Sicherheitsprävention und schule damit die Ärzte, die Pflegefachleute und die Sicherheitsleute.
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

GZO Spital Wetzikon: «Wir können es machen. Es wird einfach ein bisschen enger»

Fast alle Trägergemeinden sagen klar Ja zu einem Rettungs-Beitrag für das notleidende Regionalspital in Wetzikon. Doch es gibt eine Ausnahme. Was bedeutet das?

image

Weniger Regionalpolitik, mehr Tech: Wie das Spital neu gedacht werden soll

H+ will das Ende von Spitaltraditionen. Mit einer PwC-Studie skizziert der Verband ein Krankenhaussystem, das sich von regionaler Politik und bisheriger Planung verabschiedet – und zehntausende Stellen einspart.

image

Telemedizin statt überfüllter Notfall

Eine neue Studie zeigt: Dank Kids Line verzichten viele Eltern auf unnötige Notfallbesuche.

image

Spitäler halbieren Verlust – aber zwei Drittel bleiben im Minus

2024 reduzierten die Schweizer Spitäler ihren Verlust – nach 777 Millionen Franken im Vorjahr waren es nun 347 Millionen. Aber immer noch schreiben fast zwei Drittel der öffentlichen Kliniken rote Zahlen. Die Zahl der Ärzte stieg stärker als jene des Pflegepersonals.

image

Pflege: Fatales Signal aus den USA

Die Regierung in Washington streicht Nursing aus der Liste der höheren Abschlüsse.

image

Solothurn: Brücke in den Schweizer Pflegealltag

Ein gemeinsames Programm der Solothurner Spitäler und der Volkshochschule soll ausländischen Pflegefachkräften den Einstieg erleichtern. Es kombiniert Sprachförderung, Weiterbildung und praktische Einsätze.

Vom gleichen Autor

image

«Das Inselspital ist noch lange nicht über den Berg»

Das Inselspital wartete mit guten Meldungen auf. Doch der Insel-Kritiker Heinz Locher gibt keine Entwarnung.

image

So entgehen Sie dem Hochstapler-Syndrom

Viele Ärztinnen und Ärzte überfordern sich – und glauben dann selber, dass sie über ihrem Können spielen. Das ist schlecht für die Psyche.

image

Im Schaufenster stehen vor allem unwirksame Medikamente

Bieler Ärzte schlagen eine neue Etikette für rezeptfreie Arzneimittel vor. Sie soll zeigen, wie verlässlich die Wirksamkeit nachgewiesen worden ist.