Onkologen forschten zu eifrig und gingen fast Konkurs

Die unabhängige Krebsforschungs-Organisation SAKK hat ein eisernes Sparprogramm gestartet. Die enthusiastischen Forscher gaben zu viel für neue Studien aus.

, 10. Februar 2021 um 13:20
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Ohne «einschneidende Korrekturmassnahmen» wäre die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Klinische Krebsforschung (SAKK) Konkurs gegangen: So unverblümt erklärte die SAKK vor drei Monaten, warum sie Knall auf Fall Krebsstudien beendete oder vorläufig auf Eis legte. Die SAKK strich auch 26 von 100 Stellen an ihrem Koordinationszentrum und kündete den Angestellten.

Zu viele neue Studien begonnen

Doch wie kam es, dass die nicht-gewinnorientierte Stiftung in diese desolate finanzielle Lage geriet? Die Arbeitsgemeinschaft begann vor fünf Jahren, die Zahl ihrer Studien massiv zu vergrössern. Dafür gab es zwei Gründe: «Die Innovationsgeschwindigkeit in der onkologischen Forschung ist dramatisch gestiegen, was zwangsläufig dazu führt, dass mehr Studien gemacht werden sollten», erklärt die Stiftung. Und zweitens wollte die SAKK möglichst vielen Patienten Zugang zu neuen Therapien ermöglichen.

Alles Onkologen und keine Finanzfachleute

Innert vier Jahren nahm die Zahl der SAKK-Studien um 55 Prozent zu, ohne dass der Vorstand darauf aufmerksam wurde, dass diese Studien zu viel Geld verschlingen würden. Dem Vorstand gehören zwölf Onkologen und Onkologinnen, jedoch keine Finanz-, Wirtschafts- oder Rechtsfachleute an.
Nun hat die SAKK aber einen rigorosen Spar- und Reformkurs eingeschlagen. Gegenüber der «Berner Zeitung» sagte der Geschäftsführer Martin Reist, dass die Stiftung in ein paar Jahren sogar besser dastehen könnte als vor der Krise. Das Defizit soll innert der kommenden fünf Jahr abgebaut werden.

Patienten werden weiter behandelt

Die Patienten, die an den verschiedenen Krebsstudien teilnehmen, sollen keinen Nachteil erleiden: Deren Behandlung sei auch ohne Fortführung der Studie sichergestellt, versichert die SAKK. Bloss der Erkenntnisgewinn leide, wenn die Studien vorzeitig beendet werden.
Das einschneidende Sparprogramm bedeutet indes auch nicht einen kompletten Stopp der Krebsforschung. Dem SAKK-Vorstand können weiterhin Projekte für Studien eingereicht werden. «Bis auf weiteres werden allerdings nur Projekte bewilligt, die eine 100-prozentige Kostendeckung aufweisen», schränkt die Organisation ein.
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