Die Firma Bee-First hat etliche gute Kunden – so scheint es jedenfalls auf den ersten Blick. Die Logos der beiden Krankenversicherer Groupe Mutuel und der Sympany prangten bis vor kurzem noch auf der Website. Das Freienwiler Unternehmen gibt es erst seit knapp einem Jahr.
Sie arbeiten «mit Herzblut»
Doch schon hat es laut eigenen Angaben ein «eingespieltes Team, das «mit Herzblut» arbeitet. Auch die Firma Wefox in Roggwil gibt sich als seriöses Dienstleistungsunternehmen aus. Auf einer ihrer Website fragt sie die Besucher: «Sie wollen uns helfen, die Leistungen und den Service der Krankenkassen zu optimieren?»
Sofortpreis: Ein Vertreterbesuch
Verbunden ist die Umfrage mit einem Gewinnversprechen: Es werden ein Reisegutschein von 3500 Franken und Migros-Gutscheine verlost. Würden Interessenten allerdings ganz unten auf der Website die unscheinbar platzierten Teilnahmebedingungen anklicken und sich bis zum 3. Punkt durchlesen, würden sie dort erfahren: Jeder Teilnehmer «gewinnt als Sofortpreis eine Gesamtberatung im Bereich Versicherungen und Finanzen» - im Klartext: Sie erhalten Besuch eines Versicherungsvertreters.
Krankenkassen haben Ehrenkodex
Sowohl Beeleads als auch Wefox haben das gleiche Ziel: An möglichst viele Besuchstermine mit Personen zu kommen, denen sie eine Versicherung verkaufen können. Leadgenerierung heisst dieses Geschäft – und es ist bei Krankenkassen verpönt. Denn seit gut einem Jahr gilt unter ihnen die so genannte Branchenvereinbarung «Vermittlung». Sie verbietet telefonische Kaltakquise, legt Qualitätsstandards für die Beratung fest und begrenzt die Höhe der an Vermittler gezahlten Provisionen.
Schutz vor aggressiven Vermittlern
Diese Branchenvereinbarung haben die meisten Versicherer - sie vertreten mehr als 90 Prozent der Versicherten - unterzeichnet. Der Ehrenkodex soll die Kunden vor ärgerlichen Telefonanrufen und aggressiven Vermittlern schützen. In der Vereinbarung steht: «Insbesondere darf keine Umfrage oder Aufgabe der Markt-, Meinungs- oder Sozialforschung oder anderer Institutionen vorgetäuscht oder als Gesprächsbegründung benutzt werden, wenn der Zweck des Anrufs darin besteht, einen Verkauf einzuleiten oder einen Termin für ein Beratungsgespräch abzumachen.»
Krankenkassen wussten nichts von ihrem Logo
Genau das macht aber Wefox. Bee-First verspricht auf ihre Website «Datensätze aus hochwertigen Quellen». Auf Fragen von Medinside nach diesen angeblich hochwertigen Quellen, antwortete die Firma allerdings nicht. Umso schneller kamen hingegen die Reaktionen der beiden Krankenkassen: Beide wussten nämlich nichts davon, dass die Firma ihr Logo auf der Website präsentierte.
Bee-First krebst zurück
«Wir arbeiten nicht mit dieser Firma zusammen», schreibt Serkan Isik, Sprecher der Groupe Mutuel. Die Krankenkasse beziehe ihre Besuchstermine über «thematische Landingpages die Eigentum der Groupe Mutuel sind oder exklusiv von ihr betrieben werden», und über Wettbewerbe, welche sie in den sozialen Medien macht. Bee-First hat mittlerweile das Logo der Gruppe Mutuel entfernt.
Sympany: Aktuell keine Zusammenarbeit
Jacqueline Perregaux, Sprecherin der Sympany-Versicherung, räumt zwar ein: «In der Tat gab es in der Vergangenheit eine Zusammenarbeit zwischen Bee-First und Sympany, zuletzt im Jahr 2020.» Doch: «Aktuell besteht keine Zusammenarbeit; entsprechend beziehen wir auch keine Leads bei diesem Unternehmen.» Seit Abschluss der Branchenvereinbarung bezieht Sympany gar keine Leads mehr von anderen Firmen.
Visana, Swica und CSS ebenfalls missbraucht
Auch andere Krankenkassen wurden schon von unseriösen Firmen in Misskredit gebracht: Die Firma Pegasos, die laut Recherchen der Konsumentenzeitschrift «K-Tipp» mit angeblichen Umfragen Besuchstermine für Vertreter erschleicht, führte auch Visana, Swica, Sanitas, Progrès und CSS ohne ihr Wissen als «Partner» auf. Auf Intervention der Kassen hat sie die Logos entfernt.
Die Firma Pegasos Finance führte fünf Krankenkassen als ihre «Partner» auf. Sie musste die Logos entfernen. | Screenshot 2021
Lucius Dürr: «Das ist Schlangenfängerei»
Die oben erwähnte Branchenvereinbarung zu den Vermittlern gibt es seit zwei Jahren; die Einhaltung wird von einer
Aufsichtskommission kontrolliert. Deren Präsident ist Lucius Dürr. Er war bis 2016 Direktor des Schweizerischen Versicherungsverbandes. Ihm ist bekannt, dass die Firmen mit Logos von Krankenkassen werben, ohne dass diese davon wissen. Für ihn ist auch klar, dass für Krankenkassen die Zusammenarbeit mit solchen Firmen inakzeptabel wäre. Zu dem Vorgehen wählt er deutliche Worte: «Das ist Schlangenfängerei. Es ist absolut plump, mit unsinnigen Umfragen Adressen zu ködern.»
Kommission kann nichts ausrichten
Allerding sind der Aufsichtskommission bezüglich der Vermittler die Hände gebunden. Die Branchenvereinbarung gilt nur für Versicherer. Diese sind jedoch verpflichtet, die Qualitätsbestimmungen bei den Vermittlern, mit denen sie zusammenarbeiten, durchzusetzen. Die Vermittlungsfirmen agieren meistens nur als Vermittler. Wefox verkauft zwar auch Autoversicherungen, ist aber nicht Mitglied eines Krankenversicherungsverbandes.