Warum Hirslanden die Personalkosten senken muss

Das Mutterhaus Mediclinic hat derzeit ein Sorgenkind: Hirslanden. Grund ist die schwache Performance im ersten Halbjahr. Jetzt auferlegt der Konzern seiner Schweizer Privatklinikgruppe eine noch stärkere Kostensenkungskur.

, 19. November 2018 um 05:00
image
  • spital
  • hirslanden
  • mediclinic
  • wirtschaft
Der internationale Spitalkonzern Mediclinic hat für das Ende September endende erste Halbjahr enttäuschende Finanzergebnisse vorgelegt. Der Konzernverlust (reported loss) betrug unter dem Strich umgerechnet 218,5 Millionen Franken. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum ist das mehr als eine Verdreifachung. Das dürfte auch die neue Führungscrew der Schweizer Tochtergesellschaft noch mehr unter Druck setzen.
Denn stark negativ ins Gewicht der Mediclinic-Ergebnisse fiel die Leistung von Hirslanden. Die schwache Entwicklung der Schweizer Spitalgruppe stellte das Resultat der anderen Divisionen Südafrika und Naher Osten vollkommen in den Schatten. Hirslanden, das Herzstück des Healthcare-Konzerns, bestreitet knapp die Hälfte des Mediclinic-Umsatzes und steuerte bisher rund die Hälfte zum Konzernerfolg bei – derzeit sind es noch etwas mehr als ein Drittel.

Hirslanden rutschte in die Verlustzone

Hirslanden erzielte im ersten Halbjahr einen operativen Verlust von umgerechnet 70 Millionen Franken. In der Vorjahresperiode war es noch ein Plus von über 93 Millionen Franken Gewinn gewesen. Die für die Branche wichtige Ebitda-Marge schrumpfte – auf allerdings immer noch sehr hohem Niveau – von 17.4 Prozent auf 14.3 Prozent. Der (bereinigte) Ebitda betrug 118 Millionen Franken, gegenüber von 143 Millionen im Vorjahreszeitraum. Für das nächste Geschäftsjahr 2019 erwartet die Schweizer Privatklinikgruppe eine Ebitda-Marge von rund 16 Prozent.
Als Hauptursache für das schwache Halbjahresergebnis nennt der Klinikkonzern – kaum überraschend – das sich verändernde Schweizer Gesundheitsumfeld: nebst einem «ungünstigeren Versicherungsmix» die Tarifsenkung bei den ambulanten Leistungen (Tarmed) sowie die Verschiebung von «stationär zu ambulant». Die Schweizer Tochter war nicht in der Lage, das laufende Kosteneinsparungsprogramm und die Neugestaltung von Spitälern schnell genug umzusetzen, hiess es am Donnerstag anlässlich der Präsentation der Zahlen. 

Marke erneut um Millionen neu bewertet

Die enttäuschende Leistung in der Schweiz hat auch Auswirkungen auf die Werthaltigkeit: So wurde die Position Immobilien um 56 Millionen Franken tiefer bewertet. Und auch der Markenname als immaterieller Vermögenswert hat der Konzern um 71,5 Millionen Franken abgeschrieben. Bereits für das Geschäftsjahr 2017/18, das Ende März 2018 geendet hatte, musste die Unternehmensgruppe mit Hauptsitz in London den Hirslanden-Wert  um 840 Millionen Franken berichtigen.
Für den neuen Mediclinic-Chef Ronnie van der Merwe, seit Sommer im Amt, sei es «number one priority» hier jetzt Massnahmen zu ergreifen. Als Gegensteuer sieht der Konzern nun mehrere Lösungsansätze vor: So soll das bereits laufende Kostensenkungsprogramm beschleunigt und die Betriebseffizienz gesteigert werden. Ausserdem werden die Investitionsausgaben (capital expenditure) für Hirslanden im Geschäftsjahr 2019 um 21 Millionen Franken auf 111 Millionen Franken reduziert. Auch Personal- und Marketingkosten sollen nebst fünf Millionen tieferen Beschaffungskosten (supply cost) gesenkt werden. Insgesamt soll die Schweizer Privatklinikgruppe im laufenden Geschäftsjahr rund 24 Millionen Franken an bereits budgetierten Kosten einsparen.

Mehrere Massnahmen stehen im Fokus

Mehr noch: Die Privatklinik will nun die Servicedifferenzierung in den Versicherungskategorien (privé und préférence) verbessern, sich aber auch auf Initiativen zur Rekrutierung von Ärzten konzentrieren, hiess es an der Präsentation der Ergebnisse weiter. Zudem werde das ambulante Versorgungsmodell «kosteneffizient» vorangetrieben. Hier könne Hirslanden von der Erfahrung des Konzerns profitieren. Unter anderem will die Schweizer Mediclinic-Tochter bis Oktober 2019 mehrere ambulante Chirurgiezentren und Arztpraxen eröffnen. Darüber hinaus war an der Bekanntgabe der Zahlen auch von einer Optimierung der stationären Leistung die Rede («optimise lenght of stay in DRG environment»).
image
Vergleich Mediclinic im Vergleich mit dem FTSE100-Index. | Bloomberg

Aktienkurs auf Mehrjahrestief gefallen

Der Aktienkurs des internationalen Gesundheitskonzerns Mediclinic fiel nach Ankündigung der Zahlen am vergangenen Donnerstag um mehr als fünf Prozent. Damit erreichte die Kursnotierung an der Londoner Börse mit 336,10 Pfund ein Mehrjahrestief. Für die Aktionäre der Gesellschaft Mediclinic, die übrigens seit Sommer nicht mehr im höchsten britischen Index FTSE100 vertreten ist, heisst das: Sie müssen nach dem jüngsten Rückschlag erneut viel Geduld und Vertrauen mitbringen. 
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

H+: Vorstand ist wieder komplett

Monika Jänicke, David Bosshard, Susanne Rodewald und Guido Speck sind neu im Vorstand des Spitalverbandes.

image

CHUV: Gericht schiebt IT-Beschaffung auf die lange Bank

Bevorzugen Schweizer Spitäler bei ihren Ausschreibungen für ein neues Klinikinformations-System den US-Anbieter Epic? Die Frage wird auch in der Romandie akut.

image

Unispitäler häuften 210 Millionen Franken Verlust an

«Wir sind hart vor der finanziellen Kante»: So der Befund von Werner Kübler, dem Direktor des Universitätsspitals Basel.

image

Auch Graubünden will Spitäler mit 100 Millionen stützen

Das Geld würde aber nicht direkt an die Betriebe gehen. Zudem sollen Spitäler leichter in Gesundheitszentren verwandelt werden können.

image

Spitalverbundsinterne Lösung: Nicole Ruhe wird CEO in Uznach und Wil

Die heutige CEO des Spitals Linth wird mit dem Zusammenschluss der St.Galler Spitalverbunde zu «HOCH Health Ostschweiz» eine Doppelfunktion übernehmen.

image

SoH: «Es lief alles korrekt», besagt ein erstes Gutachten

Bei der Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit CEO Martin Häusermann sei alles mit rechten Dingen zugegangen. Der Kanton Solothurn kündigt aber weitere Untersuchungen an.

Vom gleichen Autor

image

Arzthaftung: Bundesgericht weist Millionenklage einer Patientin ab

Bei einer Patientin traten nach einer Darmspiegelung unerwartet schwere Komplikationen auf. Das Bundesgericht stellt nun klar: Die Ärztin aus dem Kanton Aargau kann sich auf die «hypothetische Einwilligung» der Patientin berufen.

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum im Medizinstudium viel Empathie verloren geht

Während der Ausbildung nimmt das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten tendenziell ab: Das besagt eine neue Studie.