Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.

, 5. August 2023 um 04:51
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Drei Bundesräte haben sich für die Nationale Strategie Palliative Care engagiert: Pascal Couchepin, Didier Burkhalter, Alain Berset. Der eine hat sie lanciert (Couchepin, 2008), der andere hat sie gefördert (Burkhalter, 2012) und der dritte hat sie finalisiert (Berset, 2015).
Alle drei argumentierten damit, dass Palliative Care für die Gesundheitspolitik aufgrund der demografischen Entwicklung sowie der Zunahme an Krankheiten mit langen und komplexen Verläufen zunehmend an Bedeutung gewinnt. (Handlungsbedarf, 2009).
Burkhalter fügte weiter an: «Dabei ist zu bedenken, dass Massnahmen im Moment zwar etwas kosten können, dem langfristig jedoch ein konkreter Nutzen gegenübersteht: die Lebensqualität von schwerkranken und sterbenden Menschen wird verbessert, und die vorhandenen personellen und finanziellen Ressourcen im Gesundheitswesen werden dazu wirksam, zweckmässig und effizient eingesetzt.»

«Die meisten Kantone haben ihre Hausaufgaben gemacht und entsprechende Strukturen aufgebaut.»

In der Folge haben die meisten Kantone ihre Hausaufgaben gemacht und entsprechende Strukturen aufgebaut: heute stehen unheilbar kranken Menschen schweizweit in 35 Spitälern auf spezialisierten Palliativstationen 375 Betten zur Verfügung. Mobile Palliative Care Dienste wurden etabliert, die Expertise in Palliative Care sowohl in der Spitex als auch in Pflegeheimen hochgefahren. Immer geht es dabei um Lebensqualität, um Schmerz- und Symptombehandlung und eine ganzheitliche Begleitung von Menschen in der letzten Lebensphase und ihren Angehörigen.
Der frühzeitige Einbezug der Palliativmedizin bei lebenslimitierenden, auch nicht onkologischen Erkrankungen verbessert die Schmerz- und Symptomkontrolle, steigert die Lebensqualität und Zufriedenheit der Betroffenen und ihrer Angehörigen und senkt die Versorgungskosten.
Schwerkranke Menschen schätzen die Gespräche mit Palliativmedizinerinnen und - medizinern zu ihren Wünschen und Werten am Lebensende und im Entscheidungsfindungsprozess. Sie fühlen sich in ihrer Würde und dem Bedürfnis nach Selbstbestimmung ernst genommen.
Für Pflegefachpersonen gibt der mit den Betroffenen, Angehörigen und Palliativmedizin erstellte palliative Behandlungsplan Orientierung und Steuerungsmöglichkeit. Die vorausschauende Planung – wissen, wer, was, wann – sowie entsprechende Notfallpläne und Reservemedikation befähigen die Pflege zu situativem und kompetentem Handeln.
Der Support von Mobilen Palliative Care Diensten an den Schnittstellen zur Hausarztmedizin, Spitex und Pflegeheimen sorgt für Sicherheit, Stabilität und Kontinuität. Schwerkranke Menschen können dadurch besser und länger zuhause oder in einem Pflegeheim begleitet werden. Ressourcen- und kostenintensive Notfalleinweisungen in Akutspitäler können weitgehend vermieden oder reduziert werden. Menschen können dort sterben, wo und wie sie es sich wünschen. Last but not least leisten Hospize in der Behandlung und Pflege von jüngeren Menschen von unter 65 Jahren am Lebensende einen unverzichtbaren Beitrag in spezialisierter Palliative Care.

«Einem qualitativ hochstehenden, schweizweiten Ausbau der Palliativversorgung steht eigentlich nichts mehr im Wege – ausser der mangelnden Finanzierung.»

Palliative Care ist ein innovatives Versorgungsmodell, das die Herausforderungen der aktuellen Gesundheitspolitik – unsere immer älter werdende Gesellschaft sowie das Bedürfnis vieler Menschen nach Selbstbestimmung oder die Notwendigkeit einer integrierten Versorgung – aufnimmt, umsetzt und, was eigentlich noch viel wichtiger ist, bereits erprobt und erforscht hat.
Mehrere Kantone haben ihre Pilotprojekte evaluiert und verfügen über zukunftsweisende Daten und Erfahrungen. Auf dieser Datengrundlage steht einem qualitativ hochstehenden, schweizweiten Ausbau der Palliativversorgung eigentlich nichts mehr im Wege – ausser der mangelnden Finanzierung.
In Bezug auf eine flächendeckende Finanzierung bleiben wir jedoch noch zuversichtlich: Dank der Motion 20.4264 «für eine angemessene Finanzierung der Palliative Care» von alt Ständerätin und vormaligen Präsidentin von palliative.ch, Marina Carobbio, blicken wir vertrauensvoll auf die nächsten fünfzehn Jahre und die kommenden drei Bundesräte.
Renate Gurtner Vontobel, MPH, Geschäftsführerin von Palliative.ch – der Schweizerischen Gesellschaft für Palliative Medizin, Pflege und Betreuung.



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