Nach dem finanziellen Fiasko im Kantonsspital Aarau (KSA) sind nebst der strategischen Ausrichtung auch mögliche personelle Konsequenzen im Raum gestanden. Nun kommt es zu einer Änderung in der Zusammensetzung des Verwaltungsrates des Zentrumsspitals.
Wie die Regierung am Donnerstagmorgen mitteilt, verlässt Verwaltungsratspräsident Peter Suter die Spitze des obersten strategischen Gremiums. Er hatte
Anfang April 2019 das Amt angetreten. Weiter treten drei Mitglieder Ende Juni 2023 nicht mehr zur Wiederwahl an. Folgende Personen teten auf die Amtsperiode zurück:
- Peter Suter, Verwaltungsratspräsident seit April 2019, Geschäftsführer Sharp Electronics
- Felix Schönle, Vizepräsident Verwaltungsrat seit September 2011, CEO Wernli Gruppe
- Gerold Bolinger, Verwaltungsratsmitglied seit Dezember 2017, Wirtschaftsprüfer und Ökonom (Vorsitzender des Audit Committees)
- Andreas Faller, Verwaltungsratsmitglied seit Mai 2019, Rechtsanwalt und Berater (Vorsitzender des Strategischen Medizin- und ICT-Ausschusses)
Die vier Verwaltungsräte haben
gemäss Regierung festgestellt, dass das für eine erfolgreiche Entwicklung des Spitals «notwendige Vertrauen» seitens der Politik in die Arbeit des aktuellen Verwaltungsrats nicht mehr in genügendem Mass vorhanden sei.
Im VR verbleiben hingegen für eine Wiederwahl:
- Hans C. Werner, seit Mai 2019, Stiftungsratspräsident Careum
- Andreas Walter, seit Mai 2019, Managing Partner MMI Schweiz
- Barbara Tettenborn, seit Mai 2019, Chefärztin Neurologie Kantonsspital St. Gallen
Bilanzsanierung ist unausweichlich
Ein Rückblick: Das Kantonsspital hat Mitte November beim Regierungsrat ein Finanzhilfegesuch über 240 Millionen Franken eingereicht. Grund ist eine dringend notwendig gewordene Wertreduktion auf den Sachanlagen, die sich nicht vom Eigenkapital decken lässt. Ohne Sanierung droht ein Kapitalverlust oder eine Überschuldung mit allfälliger Deponierung der Bilanz. Die Wertberichtigung ist seit Anfang 2021 Thema beim Verwaltungsrat und bei der Revisionsstelle.
Der Regierungsrat hat sich inzwischen mit dem Finanzhilfegesuch auseinandergesetzt, wie Gesundheitsdirektor Jean-Pierre Gallati an einer Medienkonferenz sagte. Zu diesem Zweck wurde entschieden, eine Botschaft für einen einmaligen Finanzhilfebeitrag in der Höhe von 240 Millionen Franken auszuarbeiten. Die Finanzhilfe soll in Form eines nicht rückzahlungspflichtigen Beitrags erfolgen.
Überprüfung der Eigentümerstrategie
Im Fokus der Kritik steht nach dem Finanzdebakel auch der Verwaltungsrat und seine Mitglieder. Die Aargauer Regierung sieht nach heutigem Kenntnisstand beim
Verwaltungsrat aber «keine direkte Verantwortung» für die notwendig gewordene Wertberichtigung auf dem Neubauvorhaben im Umfang von 240 Millionen Franken, dies auch vor dem Hintergrund der schwierigen Rahmenbedingungen der Schweizer Spitäler in den vergangenen Jahren.
Das grösste Aargauer Zentrumsspital muss nun aber weitere Ergebnisverbesserungsmassnahmen umsetzen. Dazu benötige es eine neue Unternehmensstrategie. Der Regierungsrat wird zudem unter anderem die Eigentümerstrategie vor dem Hintergrund der aktuellen und künftigen Herausforderungen überprüfen. Dazu sollen externe Experten beigezogen werden, heisst es weiter.
Was die scheidenden Verwaltungsräte sagen
Für Peter Suter, Felix Schönle, Andreas Faller und Gerold Bolinger soll die frühzeitige Ankündigung des Verzichts auf die Wiederwahl dem Regierungsrat eine geordnete Neubesetzung der entstandenen Vakanzen ermöglichen, wie sie in einer Erklärung schreiben. Sie schreiben aber auch: Die «teils harsche, unfundierte und unsachliche Kritik» am KSA-VR zeige, dass einigen Exponenten von Politik und Medien das Problembewusstsein der gesamten Spitalbranche weitgehend fehle.
Gleichzeitig weisen die vier nicht zur Wiederwahl antretenden Mitglieder des Verwaltungsrats auf die zunehmende Verschlechterung der Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen hin, wie etwa der Pflegemangel, steigende Preise oder ungenügende Tarife. Zudem war der Neubauentscheid vor dem Hintergrund der veralteten und ineffizenten Infrastruktur «unumgänglich, richtig, leider aber um Jahre zu spät.» Und ungenügend seien im Aargau auch die Entschädigungen für gemeinwirtschaftliche Leistungen, steht in der Erklärung weiter zu lesen. Eine bessere Finanzierung der Leistungen und Investitionen sei darüber hinaus schweizweit unumgänglich, so Suter, Schönle, Faller und Bolinger.