Die Meldung entspricht ja überhaupt nicht dem Trend: Für einmal wird kein neues medizinisches Zentrum eröffnet, sondern eines geschlossen. Das
Medical Center Saanen Gstaad stellt Mitte März seinen Betrieb ein – rund eineinhalb Jahre nach der Eröffnung.
Die Grosspraxis gehört zur Localmed-Aare-Gruppe, die sechs Ärztezentren im Raum Bern betreibt. Es sei nicht gelungen, eine tragfähige Basis durch einen genügend grossen Patientenstamm aufzubauen, um das Center auch in der Zwischensaison auszulasten, so die Erklärung: «Der Grund liegt vor allem darin, dass wir als ‹Zugewanderte› bis jetzt im Saanenland nicht genügend Fuss fassen konnten», schreibt Urs Birchler, der Präsident von Localmed Aare, in einer Medienmitteilung.
Zwischensaison-Problem
Zwar habe das Zentrum seine Funktion in der Notfallversorgung gut erfüllt, vor allem für die kurzfristige Versorgung von Notfällen werde es oft aufgesucht. «In der Wintersaison ist dies sehr ausgeprägt», so Birchler laut der
«Berner Zeitung» (Print). Doch andererseits sei es nicht eine Institution für Einheimische geworden.
Das Projekt hatte bei seiner Lancierung den Widerstand von Hausärzten geweckt, weil der Gemeinderat von Saanen zugleich die Localmed Aare AG mit jährlich 100'000 Franken unterstützen wollte, damit das Angebot auch an Wochenenden verfügbar sei. «Der Sicherstellung der medizinischen Grundversorgung im Saanenland räumt der Gemeinderat eine hohe Priorität ein», so die Begründung (mehr dazu
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«Komfortangebot»
Einige Hausärzte empfanden dies als überflüssig – die Versorgung genüge. «Das Medical Center ist ein Komfortangebot für Gäste und Touristen, die dort jederzeit vorbeigehen können, ohne vorher das Telefon in die Hand zu nehmen», so einer der Ärzte damals in der «Berner Zeitung». An der Gemeindeversammlung wurde die Unterstützung dann auch abgelehnt.
Ob die Schliessung vorübergehend sei – etwa bis zum Beginn der Sommersaison – oder aber definitiv, werde sich in den nächsten Wochen zeigen, so Localmed-Aare-Chef Birchler nun.
Der Gstaader Hausarzt Nikolaus Hoyer, der damals das Referendum gegen einen Gemeindebeitrag ergriffen hatte, kommentierte heute in der BZ: «Ein medizinisches Zentrum macht Sinn und wäre wünschenswert. Wenn aber die Bedürfnisse vom Anbieter definiert werden, wird an den Bedürfnissen vorbeigewirtschaftet. Wir haben den Zuständigen immer wieder erklärt, dass nur eine Kontinuität der Belegschaft ein Vertrauen ermöglicht, welches die fehlenden Hausarztpatienten bringt.»