Krankenversicherungen für Asylbewerber: Nicht lukrativ

Keine Krankenkasse wollte Asylsuchende versichern. Deshalb musste der Bund selber auf die Suche nach einem Versicherer – und hat die CSS gefunden.

, 22. Mai 2019 um 12:25
image
  • versicherer
  • css
Ab Juni 2019 nimmt die Krankenversicherung CSS schweizweit sämtliche asylsuchenden und ausreisepflichtigen Personen, die sich in den Bundesasylzentren (BAZ) aufhalten, in die obligatorische Krankenpflegeversicherung auf.
Ein einträgliches Geschäft für die Kasse? Mitnichten. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) hatte den Auftrag letzten Dezember ausgeschrieben. Doch keine einzige Versicherung wollte den Auftrag und deshalb ging auch keine Offerte ein.

Asylsuchende kommen ins Hausarztmodell

So musste das SEM selber aktiv werden und verhandelte mit mehreren Versicherungen. Mit der CSS ist das SEM nun einig geworden. Die CSS versichert alle Asylsuchenden, die sich in einem Zentrum des Bundes aufhalten. Die Rahmenvereinbarung zwischen SEM und CSS sieht vor, dass die Asylsuchenden in ein bereits bestehendes Hausarztmodell aufgenommen werden.
Das SEM betont, dass das eine günstige Lösung sei. «Die Hausärzte übernehmen eine wirkungsvolle Triagefunktion und garantieren sachgerechte medizinische Behandlungen», schreiben die Verantwortlichen in einer Medienmitteilung.

Eine zu teure Lösung?

Kritiker bezweifeln aber, dass die Lösung wirklich günstig sei. Die CSS gehört nicht zu den billigen Versicherungen. Dass sich keiner der günstigen Anbieter um den Grossauftrag des Bundes beworben hat, ist ein deutliches Zeichen: Das Geschäft mit Asylsuchenden ist zu wenig lukrativ. Allgemein würden die Prämien die von Asylsuchenden verursachten Kosten nicht decken, bestätigte denn auch die Krankenversicherung Assura gegenüber swissinfo.ch.
In der «Sonntagszeitung» bezeichnete der Krankenkassenexperte Felix Schneuwly die Einheitskasse für Asylbewerber als Unsinn. Viel günstiger wäre es nach seiner Ansicht, wenn Asylbewerber einfach bei der günstigsten Krankenkasse im jeweiligen Kanton angemeldet würden – genauso wie es heute die meisten Kantone machen.

Krankenkassen dürfen Einzelversicherungen nicht ablehnen

So wäre laut Schneuwly sichergestellt, dass die Prämien für die Asylbewerber den Staat so wenig wie möglich kosten. Vor solchen Einzelversicherungen können sich die Krankenkassen nicht drücken. Denn alle Krankenkassen haben die Pflicht, jede im Land lebende Person, auch Asylbewerber, aufzunehmen.  Das SEM hält diesem Vorschlag entgegen: «Mit Einzelversicherungen wäre der administrative Aufwand viel grösser.»
Ob Asylsuchende im Schnitt mehr Gesundheitskosten verursachen als der Durchschnitt der Bevölkerung, ist umstritten. Eine Studie ist 2017 zum Schluss gekommen, dass Asylsuchende in Deutschland zehn Prozent mehr Gesundheitskosten verursacht haben. Je nach Herkunft der Asylsuchenden kann das aber auch anders sein. Insbesondere junge Männer, die Hauptgruppe der Asylbewerber, gelten bei den Krankenkassen grundsätzlich als gute Risiken.

Depressionen und chronische Schmerzen unter Flüchtlingen verbreitet

Doch vermutlich gilt dies nicht unbedingt für Asylbewerber. So hat zum Beispiel die Fachgruppe Netzwerk Psy4Asyl des Verband Aargauer Psychologinnen und Psychologen (VAP) aus Studien geschlossen, dass 40 Prozent aller Flüchtlinge traumatisiert seine und unter psychischen Folgeerkrankungen litten. Dazu gehören posttraumatische Belastungsstörungen, schwere Depressionen und chronische Schmerzen.
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Idee: Eine «fünfte Säule» für die Langzeit-Pflege

Die Denkfabrik Avenir Suisse schlägt ein Pflege-Sparkonto im Stile der Pensionskassen vor. Die angesparte Summe würde die Belastung von Krankenkassen und Staat senken – und könnte auch vererbt werden.

image

Hirslanden: Daniel Liedtke geht zu Helsana

Der CEO der Privatspital-Gruppe soll nächstes Jahr aufs Verwaltungsratspräsidium des Versicherers wechseln.

image

Der neue Krankenkassenverband heisst Prio.swiss

Felix Gutzwiller wird Übergangs-Präsident des neuen Verbands der Schweizer Krankenversicher. Konrad Graber geht.

image

Spitaldirektor Kübler soll Swica-Präsident werden

Die Krankenversicherung Swica will Werner Kübler zum Verwaltungsratspräsidenten machen. Er ist noch bis nächsten April Direktor des Unispitals Basel.

image

Auch Nationalrats-Kommission will Lohndeckel bei Krankenkassen

Die zuständige Gesundheitskommission stimmt für die Idee, dass der Bundesrat eine Obergrenze für Kassen-Manager festlegt.

image

Groupe Mutuel: Preisstreit mit Genfer Klinik beigelegt

Das Hôpital de La Tour und die Groupe Mutuel haben einen Dreijahresvertrag unterzeichnet. Die Helsana und die Genfer Privatklinik stehen in Verhandlungen.

Vom gleichen Autor

image

«Hausarzt ist kein Beruf, den man subventionieren muss»

Ein Arzt macht vor, wie eine Berggemeinde zu medizinischer Versorgung kommt. Und er kritisiert Kollegen, die einfach ihre Praxis schliessen.

image

Pflegefachleute verschreiben so sachkundig wie Ärzte

Das dürfte das Pflegepersonal freuen: Es stellt laut einer US-Studie genauso kompetent Arzneimittel-Rezepte aus wie Ärzte.

image

Temporär-Arbeit in der Pflege: Ein Angebot mit Haken

Es gibt gute Gründe für Pflegefachleute, sich nur noch temporär anstellen zu lassen. Aber es gibt auch ein paar gute Argumente dagegen.