Das Kantonsspital Aarau (KSA) benötigt 240 Millionen Franken vom Kanton, ansonsten droht der finanzielle Kollaps. Grund ist eine dringend notwendig gewordene Wertreduktion auf den Sachanlagen, die sich nicht vom Eigenkapital decken lässt.
Derzeit befasst sich die Politik intensiv mit dem Finanzdebakel. Zur Diskussion stehen nebst der strategischen Ausrichtung auch mögliche personelle Konsequenzen. Klar ist: Der Regierungsrat wird sich mit der personellen Zusammensetzung des Verwaltungsrates auseinandersetzen müssen. Das strategische Gremium steht aktuell stark in der Kritik und
sieht sich mit Rücktrittsforderungen konfrontiert.Die Mitglieder des Verwaltungsrates:
- Peter Suter (Präsident), Geschäftsführer Sharp Electronics
- Felix Schönle (Vizepräsident), CEO Wernli Gruppe
- Gerold Bolinger, Wirtschaftsprüfer und Ökonom
- Barbara Tettenborn, Chefärztin Neurologie Kantonsspital St. Gallen
- Andreas Faller, Rechtsanwalt und Berater
- Andreas Walter, Managing Partner MMI Schweiz
- Hans C. Werner, Stiftungsratspräsident Careum
Vergleich mit Kantonsspital Baden
Für den bekannten Gesundheitsökonomen Willy Oggier ist es von aussen betrachtet überraschend, dass der Verwaltungsrat in dieser Situation nicht von sich aus in globo den Rücktritt angeboten hat. Dies sagt er
in einem Interview mit der «Aargauer Zeitung» (Abo). Es sei zu einfach, wenn ein Spital die finanzielle Notlage vor allem auf fremdverschuldete Ursachen wie Corona und die Energiekrise abschiebe. Der Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung dürfe nicht aus der Verantwortung genommen werden. Die eigenen und hausgemachten Ursachen machen ihm zufolge den Unterschied zu erfolgreichen Häusern wie dem Kantonsspital Baden (KSB).
Oggier würde VR-Mandat ablehnen
Es würde ihn zudem interessieren, nach welchen Kriterien die Leute im Gremium gewählt wurden. Von aussen betrachtet könne er a priori nicht jede
Wahl nachvollziehen. Vor allem, weil im KSA-Verwaltungsrat auch Berater sitzen und diese in der Tendenz einfach immer Gefahr liefen, Interessenskonflikte zu haben, so Oggier, der selber als Gesundheitsberater tätig ist.
Ein Berater könnte zum Beispiel Aufträge bei einem Konkurrenz-Spital haben. Dadurch könne er Wissen von der einen auf die andere Seite tragen und umgekehrt. Der Gesundheitsökonom selber hatte bereits mehrere solche Anfragen und er habe genau aus diesem Grund alle abgelehnt, sagt er der Zeitung.
Image des KSA ist angekratzt
Wie geht es nun weiter in Aarau? Mit einem Entscheid für oder gegen einen Rettungsschirm sei
voraussichtlich im Sommer 2023 zu rechnen, heisst es. Für Willy Oggier ist klar, dass sich die Politik «alle Szenarien» offenhalten müsse. Dazu gehöre auch die Option, das Spital bankrottgehen zu lassen – oder nur einen Teil zu retten. Eine Teilprivatisierung des Spitals müsse in der jetzigen Situation ebenfalls auf den Tisch, sagt der Gesundheitsökonom der «Aargauer Zeitung» weiter.
Bankrott? Teilprivatisierung? Solche Worte führen zu Verunsicherung beim Personal, das ohnehin schon genug belastet ist und mit der ganzen Situation rund um die finanzielle Schieflage zu hadern hat. Ein ungutes Signal auch, weil das Kantonsspital wie alle anderen Spitäler händeringend nach Fachkräften suchen muss. Die jetzigen Schlagzeilen sind gemäss Oggier vor allem eine indirekte Hilfe für andere Spitäler in der Region, weil gutes Fachpersonal nicht gerne an Institutionen arbeitet, die kein gutes Image haben.