Blutdruck: Wie die Armhaltung das Resultat prägt

Viele Patienten erhalten heikle Diagnosen, weil der Arm bei der Blutdruckmessung nicht korrekt liegt. Bei Risikogruppen führen solche Fehler zu besonders deutlichen Abweichungen.

, 18. Oktober 2024 um 22:43
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Richtig, falsch, falsch: Haltungen, die beim Johns-Hopkins-Test überprüft wurden  |  Bild: Johns Hopkins Medicine.
Ein Team der Johns Hopkins University hat untersucht, wie sich die Haltung des Arms auf die Resultate von Blutdruckmessungen auswirken. Denn auch wenn die Leitlinien klar sind: Im Alltag kommt es häufig vor, dass der Arm auf dem Schoss liegt oder seitlich herunterhängt – und nicht auf einer festen Unterlage liegt, mit dem Oberarm auf Herzhöhe.
Doch diese «alternativen» Haltungen führen dazu, dass die Blutdruckwerte systematisch überschätzt werden. Konkret ergab die Studie von Tammy M. Brady, Hairong Liu et al., dass der systolische Blutdruck um etwa 3,9 mmHg zu hoch gemessen wird, wenn der Arm auf dem Schoss liegt. Hängt er ungestützt seitlich herab, liegt der Wert um etwa 6,5 mmHg über dem korrekten Resultat.
Teils waren die Abweichungen noch höher – nämlich wenn es um Personen mit ohnehin erhöhten Blutdruck ging. Dort führte eine inkorrekte Armhaltung zu bis 9 mmHg höheren Werten.
  • Hairong Liu, Di Zhao, Ahmed Sabit, Chathurangi Pathiravasan, Junichi Ishigami, Jeanne Charleston, Edgar R. Miller, Kunihiro Matsushita, Lawrence Appel, Tammy Brady: «Arm Position and Blood Pressure Readings. The ARMS Crossover Randomized Clinical Trial», in: JAMA Internal Medicine, Oktober 2024.
  • doi:10.1001/jamainternmed.2024.5213
Im klinischen Alltag dürften also regelmässig Menschen als Hypertonie-Patienten Grad 1 oder Grad 2 behandelt werden, obwohl sie die Kriterien nicht erfüllen (respektive zu einer weniger heiklen Gruppe gehören).
Für die Untersuchung wurden 133 Erwachsene zwischen 18 und 80 Jahren rekrutiert; anschliessend führten die Forscher nacheinander Messungen in den drei verschiedenen Armpositionen durch. Die Messungen erfolgten in einer ruhigen Umgebung. Nach einer Messung mit den «inkorrekten» Armpositionen wurde jeweils eine zusätzliche Messung mit dem Arm auf einem Tisch durchgeführt, um die Unterschiede zu vergleichen. Alle Teilnehmer trugen eine Blutdruckmanschette, die ihrem Armumfang angemessen war.
«Diese crossover-randomisierte klinische Studie zeigt den erheblichen Einfluss der Armposition auf die Blutdruckmessungen», schreiben die Johns-Hopkins-Mediziner in ihrer 'Conclusion': «Obwohl der Fehler beim systolischen Blutdruck mit dem auf dem Schoss abgestützten Arm geringer ausfiel als bei einem ungestützten Arm an der Seite (etwa 4 mmHg gegenüber etwa 7 mmHg), waren die Blutdruckwerte in beiden Positionen hoch genug, um Bedenken hinsichtlich einer Überdiagnose und Überbehandlung aufzuwerfen. Die Ergebnisse waren konsistent und fielen bei Risikogruppen noch extremer aus.»

  • Forschung
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