Beschlossen ist noch gar nichts. Und sowieso geht es nicht um eine politische Frage. Dennoch melden sich nun Politiker in grosser Zahl und wollen es wissen: Welches Klinikinformationssystem wird das Universitätsspital Zürich kaufen?
Mit einer
dringlichen Anfrage verlangen Kantonsräte aus fast allen Parteien Antworten zur laufenden Beschaffung. Im Schreiben, das sie am Montag an den Regierungsrat sandten, deuten sie zugleich an, dass sie wohl einen Anbieter priorisieren würden.
Worum geht es? Im Februar gab das USZ bekannt, dass es ein neues Klinikinformationssystem sucht: Dieses solle eine «umfassende Plattform für klinische Prozesse» sein. «Basierend auf durchgängigen klinischen Prozessen» müsse die Plattform eine «umfassende Digitalisierung der Patient Journey mit einer ganzheitlichen Sicht auf Patientendaten» ermöglichen.
«Erkennt die Gesundheitsdirektion einen Mehrwert beim amerikanischen Anbieter im direkten Vergleich der beiden Systeme Epic vs. Cistec?»
Anfang November publizierte die lokale News-Site
«Inside Paradeplatz» dann einen Zwischenstand: Danach liegen zwei ernsthafte Angebote für das neue Klinik-Informationssystem des UZS vor. Das eine kommt von Epic, also von jenem Software-Riesen aus Wisconsin, der bereits die Insel Gruppe, die Luzerner Kantonsspital-Gruppe LUKS und das Zürcher Kinderspital mit solch einem KIS beliefert hat (beziehungsweise bald beliefern soll).
Auf der Gegenseite steht der Anbieter Cistec. Dessen Sitz befindet sich an der Hohlstrasse in Zürich. Und dessen Offerte dürfte massiv günstiger sein.
Sind die Würfel schon gefallen?
«Inside Paradeplatz» zitierte dabei anonyme Insider, laut denen das Epic-System mit allem Drum und Dran gegen 150 Millionen Franken kosten dürfte, während jenes von Cistec für rund 50 Millionen zu haben wäre. Das USZ arbeitet zudem bereits mit Cistec.
Doch laut einer Quelle seien die Würfel in den entscheidenden Gremien bereits gefallen – zu Gunsten von Epic.
Dies schreckte nun die Kantonsparlamentarier auf. «Die Dringlichkeit für die Anfrage ist durch die aktuelle Ausschreibung und den bis Ende 2024 geplanten Entscheid für das Klinikinformationssystem des USZ gegeben», beginnt ihre Anfrage. Dann fordern sie Antworten zum den Plänen – beispielsweise:
- Was geschieht mit den Daten? «Bei Epic gelangen sie zum Konzern in die USA, bei Cistec hingegen verbleiben sie in der Schweiz bzw. beim Spital. Wie beurteilen der Regierungsrat, die Datenschutzbeauftragte sowie die Patientenorganisationen diesen gravierenden Umstand?»
- Oder: «Das Epic-System ist massiv teurer im Vergleich zu Cistec. … Erkennt sie [die Gesundheitsdirektion] einen Mehrwert beim amerikanischen Anbieter im direkten Vergleich der beiden Systeme Epic vs. Cistec?»
Bemerkenswert an der Eingabe ist das breite Spektrum der Absender: Die kritische Anfrage wurde von sieben Kantonsrätinnen und Kantonsräten eingereicht, welche fast die gesamte politische Farbwelt abbilden – FDP, Die Mitte, EVP, SP, GP, GLP, AL. Insgesamt 104 Volksvertreter haben den Text unterzeichnet. Das ist eine satte Mehrheit des 180-köpfigen Zürcher Kantonsparlaments.
«Der Bereich Digital Health zählt zu den am stärksten wachsenden Segmenten des Gesundheitswesens und Zürich ist dabei ein wichtiger Wachstumsmotor.»
Zwar liegt es gar nicht am Parlament, einen Beschaffungsentscheid des USZ zu beurteilen oder gar umzustossen. Doch subtil verweist der Text auf einen Nebenschauplatz, der mit der KIS-Beschaffung wenig zu tun hat – aufs Kinderspital Zürich. Dieses musste im Frühjahr mit einem Darlehen gestützt werden, was die Regierung wiederum vom Kantonsrat bewilligen lassen musste. Und wie zur Gedächtnisstütze erinnern die Parlamentarier in der Anfrage zum USZ-KIS noch rasch daran, dass damals ein Report über die Entwicklung beim Kispi verlangt worden war: «Liegt dieser Bericht vor?»
Letztlich geht es den Volksvertretern – irgendwie – auch um die Wirtschaftsförderung. Auch das lässt die Anfrage spüren: «Cistec ist ein KMU mit Sitz in Zürich und ca. 200 Mitarbeitern», steht da. Und weiter: «Die Standortförderung Kanton Zürich unterstützt gemäss ihrer Website ansässige Unternehmen. Der Bereich Digital Health zählt zu den am stärksten wachsenden Segmenten des Gesundheitswesens und Zürich ist dabei ein wichtiger Wachstumsmotor. In welcher Form kann die Standortförderung ihrem Auftrag in dieser Hinsicht nachkommen und Zürcher Anbieter unterstützen?»
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