100 Millionen Franken? Danke, nicht nötig.

Der Kanton Graubünden plante einen Rettungsschirm für notleidende Spitäler und Gesundheits-Institutionen. Die Idee kam schlecht an.

, 27. Januar 2025 um 08:35
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Akutspitäler im Kanton Graubünden  |  Bild: Google Earth / bearb. Medinside
Auf den ersten Blick wirkt das Communiqué aus Chur ziemlich überraschend: Die Spitäler und Gemeinden des Bündnerlandes haben kein Interesse an einem Rettungsschirm. Oder genauer: Sie wenden sich gegen Überbrückungsdarlehen für den Fall, dass ein Spital oder eine Gesundheitseinrichtung in Geldnot kommt. Dies ergab die Vernehmlassung der Kantonsregierung.
«An Überbrückungsdarlehen sind weder die Spitäler, die Regionen und Gemeinden noch die Parteien interessiert», so das Fazit. Der kantonale Gesundheits-Vorsteher, Regierungsrat Peter Peyer (SP), zeigte sich «positiv überrascht» von den Ergebnissen: «Sie zeigen, dass sich die Gemeinden und Regionen wie auch die Institutionen ihrer Verantwortung in der Gesundheitsversorgung bewusst sind».
Im November hatte die Kantonsregierung in Chur ihren Plan eines Rettungsschirms vorgelegt: Sie beantragte einen Rahmenkredit von 100 Millionen Franken, um damit im Ernstfall Spitäler retten zu können. Dahinter stand erstens, dass auch im Bündnerland fast alle Spital- und Gesundheitszentren finanziell knapp dran sind, und zweitens, dass diese Spitäler kaum noch Geld vom Kapitalmarkt erhalten würden (oder wenn, dann nur zu hohen Zinsen).

Mehr Schulden sind auch keine Lösung

Das Modell sah vor, dass die Darlehen nicht direkt an die Betriebe gehen – sondern an die Trägergemeinden. Diese sollen einen Teil des Risikos übernehmen und sich mit 50 Prozent an allfälligen Verlusten aus der Darlehensgewährung beteiligen.
Was wiederum bedeutete, dass ein Spital nur an ein Darlehen aus Chur käme, wenn die Mehrheit der Gemeinden in seiner Versorgungsregion zustimmt.
Zudem sollte die Spitalleitung der Regierung einen Massnahmenplan vorlegen und darin aufzeigen, wie sie kurz- bis mittelfristig wieder ein positives Betriebsergebnis erreichen will.
Nun ist die Sache vom Tisch. Widerstand gab es offenbar insbesondere bei den Gemeinden. «Die Aufnahme eines Darlehens führt nur zu einer weiteren respektive einer zusätzlichen Verschuldung», sagte Werner Natter, Präsident der Gesundheitsversorgungsregion (GVR) Albula/Viamala, im «Bündner Tagblatt». Für die Rückzahlung seien am Schluss die Gemeinden zuständig. «Die 24 Gemeinden aus der GVR Albula Viamala wollen dies nicht.» 
Und René Epp, Präsident von Sana Surselva, erinnerte auch an bürokratische Gefahren: «Die Sana Surselva ist klar der Meinung, dass Überbrückungskredite eine zu wenig grosse Wirkung erzielen. Ausserdem ist das Verfahren, um diese Kredite zu erhalten, nicht praktikabel. Es besteht schlicht keine Zeit, um bürokratische Voraussetzungen zu erfüllen», so Epp im BT. Unter anderem hätte eine unabhängige Stelle beauftragt werden müssen, um die Geschäftstätigkeit der letzten fünf Jahre zu überprüfen. «Wir haben eine finanzielle Notlage. Bereits seit zwei Jahren wird der laufende Betrieb ausschliesslich mit erheblichen Beiträgen von den Gemeinden finanziert. Das wird sich so schnell nicht ändern.»
Interessanterweise riefen auch wenige Stimmen in der Vernehmlassung nach A-fonds-perdu-Beiträgen – was ein Indiz dafür sein könnte, dass die Verantwortlichen in den Gemeinden und Stiftungen immer noch ein erhebliches Vertrauen in die Selbstheilungskräfte ihrer Gesundheitsinstitutionen haben.
Die Vernehmlassung ergab allerdings auch, dass die Stakeholder des Bündner Gesundheitswesens eine klare Strategie wünschen: Der Kanton solle ein Leitbild zur Zukunft der Gesundheitsversorgung erarbeiten.
Diese Arbeiten würden nun intensiviert, teilt der Regierungsrat mit. Das überarbeitete Leitbild soll als Grundlage für die Spitalplanung 2026 dienen. Auch sollen damit notwendige gesetzliche Anpassungen geklärt werden – etwa die Flexibilisierung der Organisationsform der Leistungserbringer oder zusätzliche Finanzierungsmodelle.
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