Lohnerhöhungen? Die Luft ist dünn im Gesundheitswesen

Die Gehälter in der Branche dürften in den nächsten Monaten stagnieren – und sich damit unterduchschnittlich entwickeln. Dies besagt die neue Lohnerhebung der ETH.

, 12. August 2024 um 10:37
image
Die Lage ist nicht für alle gleich: Zwei Bancomaten.  |  Symbolbild: Medinside (gemacht mit KI Midjourney)
«Im Jahr 2025 dürften die Löhne nur moderat steigen»: So beginnt die ETH-Konjunkturforschungsstelle KOF die Meldung über ihre Lohnumfrage. Die Erhebung erfasste bei rund 4500 Unternehmen die Lohnerwartungen für die kommenden zwölf Monate. Im Schnitt erwarten die erfassten Organisationen ein Lohn-Plus von 1,6 Prozent. Zieht man dann noch die Teuerung ab, so bedeutet dies: Nullwachstum. Die Löhne werden fast nicht verbessert.
Dabei fällt auf, dass das Gesundheits- und Sozialwesen sogar noch hinterher hinkt: Die befragten Betriebe rechnen mit einem Lohnwachstum von 1,3 Prozent – der Wert liegt also einen Tick unter dem Durchschnitt.
Mit anderen Worten: Die allgemein klamme Finanzlage in den Spitälern, Kliniken, Heimen und Praxen schlägt sich hier in den Lohn-Möglichkeiten nieder (respektive in den Lohnerwartungen). Trotz eklatantem Personalmangel.
Gegenüber dem Vorjahr – als der Zuwachs etwa 2 Prozent betrug – wäre dies also ein Rückgang.

Immer das Gleiche

Ganz überraschend ist es nicht. Die Gehälter im Gesundheitswesen entwickeln sich seit Jahren unterdurchschnittlich. Stossend ist dabei, dass sich zugleich die Reallöhne in der Verwaltung deutlich besser entwickelten. Unlängst machte Maya Graf, die Ständerätin der Grünen aus Basel-Landschaft, diesen Graben zum Thema. In einer Interpellation wollte sie vom Bundesrat eine Erklärung, weshalb die Realöhne in der öffentlichen Verwaltung seit 2011 um 7,6 Prozent stiegen – im Gesundheitswesen indessen nur um 5,5 Prozent. Dabei erledigten doch die Personen im Gesundheitsweisen auch einen öffentlichen Auftrag, so Graf.
In seiner Stellungnahme vom 22. November 2023 bestätigte der Bundesrat die unterschiedliche Lohnentwicklung. Laut dem Bundesamt für Statistik lag der Reallohnindex 2022 für die öffentliche Verwaltung um 5,1 Prozent und im Gesundheits- und Sozialwesen um 4,1 Prozent über dem Basiswert von 2010. Und in der Gesamtwirtschaft stiegen die Reallöhne in der gleichen Vergleichsperiode gar um 5,6 Prozent.
Die Erklärung der Landesregierung: Die Lohnentwicklung nach Branchen hänge von zahlreichen Faktoren ab, die sich im Einzelnen nicht präzise bestimmen liessen. Dies gelte insbesondere auch für die erwähnte Differenz zwischen der öffentlichen Verwaltung und dem Gesundheits- und Sozialwesen.
Aber eben: «Der Bund hat keine Kompetenz, die Entlöhnung im Bereich der Pflege zu regeln.»
Die unterdurchschnittlichen Lohnerwartungen für den Gesundheits- und Sozialbereich fallen diesmal auch aus dem Rahmen, weil laut KOF ausgerechnet die stärker binnenorientierte Dienstleistungsbranchen die höchsten Lohnzuwächse in den nächsten zwölf Monaten erwarten.
Es sind dies die Unternehmen im Gastgewerbe und der Beherbergung (+2,7 Prozent), ferner der Bereich der wissensintensiven Dienstleistungen – etwa in der Information und Kommunikation (+1,8 Prozent).
  • lohn
  • HR
  • Fachkräftemangel
Artikel teilen

Loading

Kommentar

Mehr zum Thema

image

KSBL: Gewerkschaften erachten Lohnrunde als gescheitert

Damit verliere das Kantonsspital Baselland gegenüber anderen Spitälern an Boden. Bei der KSBL-Löhnen liegt nur etwa halb so viel drin wie beim Universitätsspital Basel

image

KSBL: Lohnsumme steigt um 0,5 Prozent

Gehaltsanpassungen, bezahlte Umkleidezeit, klarere Arbeitszeiten für Oberärzte: Das Kantonsspital Baselland passt diverse Anstellungsbedingungen an.

image

USB, KSBL, CHUV, HFR, LUKS, Insel: CEOs gesucht!

Gleich reihenweise suchen grosse Spitäler nach neuen Direktoren – mit sehr unterschiedlichen Anforderungsprofilen.

image

Schon vorbei? Britische Ärzte wollen keine Physician Associates mehr

Die führenden Medizinerverbände der Insel fordern, dass der Einsatz von Klinischen Fachspezialisten in den Praxen gestoppt wird.

image

Wenn der Personalmangel zur akuten Krise wird

Leistungsabbau, Aufnahmepflicht, Austausch von Teams, Triage: Berns Kantonsregierung hat einen Notfallplan erarbeitet – für den Fall, dass die Lücken im Gesundheits-Bereich ausarten.

image

Pflegeinitiative: Wenn sich die Wirklichkeit nicht an den Plan hält

Auch im Thurgau sollte ein Bonus-Malus-System mehr Pflege-Praktika ermöglichen. Doch es fehlen die Menschen. Und jetzt bringen die Strafzahlungen Spitex- und Heim-Betriebe in Not.

Vom gleichen Autor

image

Notfallpauschalen: Das Minenfeld der Rückforderungen

Nach dem Bundesgerichtsurteil zur Notfall-Abrechnung gehen jetzt in der Romandie die Wellen hoch: Ärzte warnen vor Pleiten und Lücken, Politiker planen Vorstösse in Bern.

image

Thurmed Gruppe sucht neuen Finanzchef

CFO Peter Heri will nach 16 Jahren im Amt kürzertreten.

image

Spital STS führt Spital Zweisimmen uneingeschränkt durch den Winter

Der STS-Verwaltungsrat will damit der Region und den Angestellten weiter Perspektiven geben.