Die Liste an Vorwürfen gegen den Direktor der Klinik für Herzchirurgie am Zürcher Unispital (USZ) ist lang: Aus Eigeninteresse bereichert, negative Aspekte in Studien unterschlagen oder Interessenkonflikte nicht offengelegt. Zwar stellen die Anwälte der Kanzlei Walder Wyss in ihrem externen Bericht auch grobe Mängel fest, zum Beispiel «Ungenauigkeiten» in Publikationen. Aber
die Juristen entdeckten «keine Hinweise auf ein strafbares Verhalten» durch Francesco Maisano, weshalb auch keine Anzeigepflicht bestehe.
Den Fall ins Rollen hat ein Whistleblower im Dezember gebracht. Jetzt ist auch klar, wer genau dahinter steckt. Der «Tages-Anzeiger»
nennt den Mann zwar nicht bei seinem richtigen Namen, schreibt aber «Leitender Arzt», «arbeitet seit mehr als zehn Jahren» am Unispital, «Herzchirurg» und seit Ende April gekündigt und freigestellt. Wer sich in der Branche etwas auskennt, der dürfte auch schnell auf den Namen des Arztes kommen. Der Kreis der Fachleute ist klein.
Geht rechtlich gegen das Spital vor
Die genauen Umstände und wahren Gründe, die zur Kündigung des Chirurgen führten, lassen sich (für Aussenstehende) nicht genau ermitteln. Klar ist: Irgendwann scheint die Zerrüttung zu gross zu sein, der Streit in der Zürcher Herzchirurgie eskaliert. Und zum Streiten gehören in der Regel ja immer zwei. Der Whistleblower wollte dem Vernehmen nach auch den Job als Stellvertreter von Maisano, was aber nicht klappte.
Seine Anwältin sagt gegenüber dem «Tages-Anzeiger», dass das Verhalten des Unispitals «unverständlich und krass missbräuchlich» sei. Man habe allein und ungeprüft auf die von Maisano gelieferten Informationen abgestellt, ohne ihrem Mandanten das rechtliche Gehör zu gewähren.
Chirurg hat sich nicht an Auflage gehalten
Das Unispital sagt hingegen der Zeitung, dass «sich zwischen einem Mitarbeiter und diversen Mitgliedern des Teams inklusive des Chefarztes über längere Zeit ein zwischenmenschlicher Konflikt aufgebaut hatte, der in schwere Vorwürfe gegen den Chefarzt einmündete».
Der Whistleblower hat sich darüber hinaus nicht an die Auflage gehalten, die Angelegenheit vertraulich zu behandeln. So hat er diverse Dritte über seine Vorwürfe informiert: Zum Beispiel Natalie Rickli, Alain Berset und Daniel Koch vom BAG. Damit habe er zu einer Eskalation der Angelegenheit beigetragen, steht im externen Untersuchungsbericht zu lesen.
Noch keine Entscheide gefallen
Das Unispital hat Francesco Maisano derzeit für drei Wochen beurlaubt. Man wolle ihm Zeit einräumen, sich zum externen Bericht detailliert zu äussern. Erst dann werde es um den Entscheid gehen, ob und, wenn ja, welche allfälligen Sanktionen vorzusehen seien. Das USZ warnt aber vor Vorverurteilungen.
Gleichzeitig untersucht die Universität Zürich (UZH) die Anschuldigungen im Zusammenhang mit den wissenschaftlichen Publikationen von Francesco Maisano. Auch eine Subkomission der Aufsichtskommission für Bildung und Gesundheit des Zürcher Kantonsparlamentes will die Angelegenheit weiter abklären.