Wenn junge Mediziner ein Fellowship im Ausland absolvieren wollen, müssen sie sich vorab durch einen Dschungel an Informationen kämpfen. Eine neue Plattform soll nun Abhilfe schaffen: My-Fellowship vernetzt junge karrierebewusste Ärztinnen und Ärzte untereinander, um sich auszutauschen. Initiant der Plattform ist Mohy Taha, ein junger Chirurg und Oberarzt am Universitätsspital Basel (USB).
Die Idee ging dem Orthopäden durch den Kopf, als er vor drei Jahren in Australien ein Fellowship absolvierte, wie er zu Medinside sagt. Die Erfahrung zeige, dass ohne Planung ein Fortbildungsprogramm schnell zu einem frustrierenden Erlebnis werden könne. Mohy Taha hatte Glück, wie er
in seinem Buch schildert. Aber nur, weil er 13 Vorstellungsgespräche vor Ort führte. Andere wiederum, so der Arzt, haben ihr Fellowship abgebrochen. Der Grund: «Die Realität deckte sich nicht mit den Erwartungen».
Keine «Blind Dates»
Solche Frustrationserlebnisse will der junge Chirurg mit seiner Plattform vermeiden. My-Fellowship enthält aber nicht nur Feedback und Bewertungen wie bei «Tripadvisor». Das Portal soll auch Insider-Tipps teilen, etwa zum Wohnungsmarkt, zum Verkehr- oder Schulsytem oder über allfällige Bewilligungsverfahren. Und nicht zuletzt geht es auch darum, Anbieter von Fellowships mit potentiellen Fellows zu verbinden.
Mohy Taha: Facharzt Orthopädie/Traumatologie FMH, Gründer My-Fellowship | zVg
Hunderte Stunden hat Taha bereits in den Aufbau des Netzwerkes investiert, in seiner Freizeit. Das grosse Geld damit will er aber nicht machen, wie er weiter erklärt. My-Fellowship ist für die User kostenlos. Die Plattform soll ein Selbstläufer werden.
Es geht dem 36-jährigen Oberarzt am USB hauptsächlich um die Verbreitung von Know-How – und um die Qualität. Das Projekt könne nicht nur die Aus- und Weiterbildung von Ärzten auf der ganzen Welt stärken, sondern auch die Patientenversorgung verbessern: ein Fellowship habe den Vorteil, dass junge Ärzte mehr Routine erhalten, zum Beispiel bei Operationen.
Mehr Praxis statt Theorie
Ziel sei es aber auch, Sponsoren aus der Industrie ins Boot zu holen. Diese sollten sich idealerweise an der Finanzierung von Fellowships beteiligen, sagt der Schweizer mit ägyptischen Wurzeln, der an der Universität Zürich (UZH) promovierte. So trage die Industrie ihren Beitrag, um die Qualität der Ausbildung zu erhalten und zu verbessern. Anders als Forschungsaufenthalte müssen klinische Fellowships nämlich meistens aus dem eigenen Sack bezahlt werden.
Die Plattform und Datenbank scheint auf Anklang zu stossen: Seit der Lancierung im Dezember hat
My-Fellowship bereits über 7'700 Besuche aus 125 Ländern verzeichnet. Auch eine Umfrage unter knapp 800 Ärzten zeigt, dass das Angebot von Mohy Taha auf ein Bedürfnis stösst.
Was ist ein Fellowship?
Eine Fellowship ist ein (fakultatives) Weiterbildungsprogramm in einer Sub-Spezialität. Dieses Programm ist ein zusätzlicher mehrjähriger Weg mit gleichzeitiger Forschungstätigkeit und klinischer Arbeit. Oftmals dauern die Programme ein oder zwei Jahre.
Fellowships sind vom Ausbildungssystem abhängig und je nach Land unterschiedlich verbreitet. In den USA kommt man ohne kaum an einen guten Job. Schweizer Spitalabteilungen erhalten mitunter Bewerbungen für Fellowships aus den USA. Ein Blick auf die CVs der Schweizer Ober- oder Kaderärzten zeigt, dass sehr viele eine Fellowship in den USA gemacht haben – für manche Stellen (z.B. eine Habilitation) ist dies sogar eine Voraussetzung.