Das Detail wurde in der Fach- und der breiteren Öffentlichkeit noch gar nicht beachtet: Auf der
«Essential Medicines List» der Weltgesundheits-Organisation WHO rangiert Tamiflu (oder genauer: der Grippewirkstoff Oseltamivir) nur noch als Medikament, das
«complementary» ist. Das heisst anders: Die WHO-Experten erachten das Roche-Grippemittel nicht mehr als Medikament, das zur Grundversorgung zählen muss.
Es wird lediglich noch für gewisse spezialisierte Situationen als unabdingbares Element betrachtet. Konkret nennt die WHO-Liste dabei den Einsatz bei Grippeerkrankungen bei Spitalpatienten in kritischem Zustand.
Tamiflu war noch während den Vogelgrippe-Hysterie 2009 als Notfallmittel der Wahl gewürdigt worden. Weltweit liessen Regierungen Reserven aufbauen, wobei auch der Schweizer
Bundesrat den Kauf von 40'000 Packungen lancierte.
Andererseits gab es immer wieder Diskussionen über die Wirksamkeit. Eine grosse
Cochrane-Auswertung ergab 2014, dass Tamiflu die Dauer der Grippesymptome im Schnitt um weniger als einen Tag verkürzen konnte – konkret: von 7 auf 6,3 Tage. Auf der anderen Seite hatten die Tamiflu-Probanden mehr Nebenwirkungen als die Menschen in den Placebo-Testgruppen.