Spital Oberengadin: Erneut Verstösse gegen das Arbeitsgesetz?

Seit Jahren steht das Spital Oberengadin wegen Verstössen gegen das Arbeitsgesetz in der Kritik. Trotz eingeleiteter Massnahmen kamen erneut Missstände ans Licht.

, 18. Februar 2025 um 15:47
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Bild: zvg
Das Spital Oberengadin steht erneut wegen massiver Verstösse gegen das Arbeitsgesetz in der Kritik. Recherchen des «Beobachters» zeigen, dass das Spital Ruhe- und Arbeitszeiten über Jahre hinweg nicht eingehalten hat. Besonders gravierend: Eine Assistenzärztin arbeitete bis zu 32 Stunden am Stück.
Diese und weitere Verstösse sind in zwei Berichten des Bündner Arbeitsinspektorats dokumentiert, welche dem «Beobachter» vorliegen.
Bereits am 31. Oktober 2023 schlug der Inspektor Alarm. Sein Bericht zählt bis Ende Juli 2023 insgesamt 1171 Verstösse gegen das Arbeitsgesetz auf – im Jahr davor waren es sogar 1976.
Obschon das Spital vom Arbeitsinspektor aufgefordert wurde, umgehend Massnahmen zu ergreifen, zeigte eine Nachkontrolle Ende November 2024: Viel verbessert hat sich nicht.

«Krasse Übertretung»

Laut dem «Beobachter» führt der Bericht vom 2. Dezember 2024 als «krasse Übertretung» das Beispiel einer Assistenzärztin auf, die durchgehend auf Pikett war und manchmal «praktisch rund um die Uhr» arbeitete. An einem Samstag endete ihre 14-Stunden-Schicht kurz vor Mitternacht. 9 Stunden später stand die Assistenzärztin wieder im Spital und arbeitete von Sonntagmorgen bis am Montagabend 32 Stunden am Stück durch.
Die neue Verwaltungsratspräsidentin Prisca Anand verspricht Verbesserungen, betont jedoch gegenüber dem «SRF Regionaljournal Graubünden», dass sich die Missstände nicht von heute auf morgen beheben liessen. Die Arbeitsplanung in einem Spital sei eine grosse Herausforderung, und es brauche Zeit und Geduld, bis die eingeleiteten Massnahmen Wirkung zeigten.

21 neue Stellen

Laut der «Engadiner Post» müssen im Zuge der geplanten Integration des Spitals Oberengadin in das Kantonsspital Graubünden bestehende Altlasten aufgearbeitet werden. Um die Einhaltung des Arbeitsgesetzes künftig zu gewährleisten, sollen dafür 21 neue Stellen geschaffen werden.

Chronologie

  • Im Juli 2023 sorgte die Kündigung von Ladina Christoffel, Chefärztin der Frauenklinik und der anschliessenden Freistellung durch die SGO für Wirbel .
  • Auch Regula Morgenegg, Chefärztin der Anästhesie und Intensivmedizin im Spital Samedan, wurde nach ihrer Kündigung freigestellt.
  • Angestellte der Gynäkologie/Geburtshilfeabteilung machten daraufhin aufmerksam, dass die Grund- und Notfallversorgung im Oberengadin und den Talschaften gefährdet sei.
  • So sei etwa bis Mitte August die Gebärabteilung sehr eingeschränkt verfügbar, weil der Betrieb aus personellen Gründen nicht mehr aufrecht erhalten werden könne. Ebenso sei die Intensivmedizin deutlich unterbesetzt, so der Vorwurf.
  • Die IG Pro Medico Plus wandte sich an den Kanton, nachdem ihre Versuche, die Vorwürfe direkt mit der Geschäftsleitung zu besprechen, auf Ablehnung stiessen. Da weder die Geschäftsleitung noch der Verwaltungsrat auf die Bedenken eingingen, leitete die IG die Angelegenheit an die zuständigen Ämter weiter, wie sie gegenüber Medinside erklärte. Mitgründerin der Interessengemeinschaft Pro Medico Plus war Ladina Christoffel.
  • Die Unruhen am Spital führten dazu, dass SGO-VR-Präsidentin Gabriela Maria Payer und Verwaltungsrat Marco Kleger ihren sofortigen Rücktritt erklärten.
  • Im Herbst 2023 fand dann eine Inspektion durch den kantonalen Arbeitsinspektor des Amtes für Industrie, Gewerbe und Arbeit (KIGA) statt. In einer Medienmitteilung teilte das SGO mit: Die Inspektion zeigte positive wie auch verbesserungswürdige Punkte auf.
  • Anders steht es in zwei Berichten des Bündner Arbeitsinspektorats, die nun dem «Beobachter» vorliegen: Der Inspektor schlug am 31. Oktober 2023 zum ersten Mal Alarm. Sein Bericht zählt bis Ende Juli 2023 insgesamt 1171 Verstösse gegen das Arbeitsgesetz auf – 2022 waren es sogar 1976 gewesen.
  • 2023 erlitt die SGO einen Verlust von mehr als 5 Millionen Franken und beantragte daraufhin bei den Trägergemeinden einen Nachtragskredit.
  • Im September 2024 wurde bekannt, dass die Stiftung Gesundheitsversorgung Oberengadin und das Kantonsspital Graubünden den Zusammenschluss des Spitals in Samedan mit dem KSGR angehen wollen.
  • Fast zeitgleich kam die Meldung, dass Susanne Stallkamp die Organisation per sofort verlässt. Die CEO der Stiftung Gesundheitsversorgung Oberengadin wolle eine andere Herausforderung annehmen, teilte die SGO mit.
  • 28. Januar 2025 Der Stiftungsrat der Stiftung Gesundheitsversorgung Oberengadin spricht sich einstimmig für die Integration des Spitals Oberengadin in das Kantonsspital Graubünden aus. Nur diese Lösung und die damit verbundene enge Zusammenarbeit mit der Klinik Gut in St. Moritz schaffe die Voraussetzungen, um die Gesundheitsversorgung für das Oberengadin wirtschaftlich zu sichern.

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