Pflegecasting in Rom: Was blieb vom KSA-Projekt?

Vor gut zwei Jahren reiste ein Team des Kantonsspitals Aarau nach Rom, um Pflegefachkräfte direkt vor Ort zu rekrutieren.

, 18. Februar 2025 um 09:48
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Mit diesem Inserat wurde italienischen Pflegefachleuten eine Arbeit am KSA schmackhaft gemacht. Bild: Screenshot/Nurse24.it
Vor gut zwei Jahren sorgte eine unkonventionelle Rekrutierungsaktion des Kantonsspitals Aarau für Aufmerksamkeit. Fabio Blasi, Leiter Sourcing, Employer Branding und Development, organisierte in Rom ein Casting, um Pflegefachpersonen für das Spital zu gewinnen. Damit wollte das KSA dem Fachkräftemangel in der Schweiz entgegenwirken.
Heute zieht das KSA eine positive Bilanz. «Die Aktion war ein Erfolg», sagt Blasi. Aktuell sind noch 22 der rekrutierten Pflegefachkräfte im Spital tätig. Vereinzelt habe es Austritte gegeben – aus unterschiedlichen Gründen wie einem Wohnortswechsel oder einer neuen beruflichen Herausforderung.
Entscheidend für den Erfolg sei eine gute Vorbereitung gewesen, betont Blasi. «Ein gut strukturiertes Onboarding, klare Kommunikation und eine gezielte fachliche sowie integrative Vorbereitung.»
Trotz der positiven Erfahrungen sei derzeit aber keine erneute Rekrutierung in Italien geplant.

Reduktion von Temporärstellen

Auch wenn der Fachkräftemangel nach wie vor eine der grössten Herausforderungen im Schweizer Gesundheitswesen bleibt, so zeigt sich: Spitäler setzen verstärkt auf festangestelltes Personal und reduzieren den Einsatz von Temporärkräften.
Auch das KSA verzeichnet seit einem Jahr einen deutlichen Rückgang an Temporärstellen.
«Die Personalgewinnung in Italien war eine von vielen Massnahmen, um den Fachkräftemangel zu bewältigen und unsere Temporärkosten zu senken», erklärt Blasi. Besonders erfreulich sei, dass das KSA zunehmend Pflegefachkräfte aus der eigenen Ausbildung übernehmen kann. «Dank der langfristigen Investition in die Aus- und Weiterbildung gewinnen wir viele Lernende und Studierende nach ihrem Abschluss für unser Spital.»

Philippinisches Pflegepersonal

Das Kantonsspital Baselland ist ein Beispiel dafür, dass die internationale Personalgewinnung nicht immer reibungslos verläuft. Im Frühjahr 2023 rekrutierte es sieben Pflegefachkräfte aus den Philippinen. Doch bereits nach der Probezeit verliessen drei von ihnen das Spital wieder.
Und die Zwischenbilanz zeigt: Der Aufwand für solche Projekte ist hoch und der tatsächliche Nutzen oft unklar.
SBK-Präsident Daniel Simon äusserte sich in der SRF-Sendung «Schweiz aktuell» kritisch. Die Rückmeldungen aus der Schweizer Pflegeszene seien eher ablehnend. Besonders sprachliche Barrieren, die Patientendokumentation und die Nutzung der Informatiksysteme seien grosse Herausforderungen. Zudem stelle die aufwendige Einarbeitung der ausländischen Pflegekräfte eine zusätzliche Belastung für das ohnehin stark geforderte Stammpersonal dar.

Ethische Debatte

Heute rekrutiert die Schweiz gut ein Drittel des Pflegepersonals im Ausland; besonders in grenznahen Regionen wie Basel oder Genf ist der Anteil an ausländischem Pflegepersonal hoch. In Genf sind rund 70 Prozent der Pflegekräfte Grenzgänger, im Jura knapp 60 Prozent, im Waadtland gut 50 Prozent.
Die gezielte Rekrutierung von Fachkräften aus ärmeren Ländern stösst jedoch zunehmend auch auf Kritik. Das Netzwerk Medicus Mundi Schweiz und der Schweizer Berufsverband der Pflegefachpersonen (SBK) haben im vergangenen Jahr einen «dringenden Aufruf» lanciert: «Personalmangel im Gesundheitswesen nicht auf Kosten der Ärmsten bekämpfen!» Sie werfen der Schweiz vor, den WHO-Kodex zur Anwerbung von Gesundheitsfachkräften zu verletzen.
Die Zahl der Länder mit extremem Gesundheitspersonalmangel sei zuletzt von 48 auf 55 gestiegen, während die Schweiz weiterhin verstärkt im Ausland rekrutiere.
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