Zürcher Ärzte warnen: Notfall-Versorgung gefährdet

Die kantonale Ärztegesellschaft ruft die Versicherer auf, auf die Rückforderung von Notfall-Inkonvenienz-Pauschalen zu verzichten.

, 11. November 2024 um 14:38
image
Dann sind die Menschen halt hier: Warteraum in einer Spital-Notfallstation  |  Bild: Andrik Langfield on Unsplash
Was bedeutet das? Wie geht es weiter? Nach dem Bundesgerichtsurteil zur Randzeiten-Vergütung für Notfall- und Walk-In-Praxen meldet sich jetzt die Ärztegesellschaft des Kantons Zürich zu Wort. Und auch die AGZ zeichnet ein düsteres Bild: Der ambulante Notfalldienst im Kanton sei bedroht.
Die Versicherer sollen Verfahren zur Rückforderung von Notfall-Inkonvenienzpauschalen aussetzen, lautet deshalb ein Hauptanliegen in einem Brief, den die AGZ an die Spitzen von Tarifsuisse, der Einkaufsgemeinschaft HSK sowie der CSS gesandt hat.
Einige betroffene Walk-in-Praxen und Permanencen seien durch die Rückforderungsverfahren «existenziell gefährdet», schreiben AGZ-Präsident Tobias Burkhardt und Generalsekretär Michael Kohlbacher. Und weiter: «Wir begründen unser Ersuchen um Aussetzung der Rückforderungsverfahren aber nicht nur mit der wirtschaftlichen Bedrohung einzelner Praxen, sondern ganz allgemein mit der Gefährdung des ambulanten ärztlichen Notfalldienstes im Kanton Zürich.»

Hilferufe in den Kantonen

Wenn die Patienten künftig auf die Notfallstationen der Spitäler ausweichen müssten, würde es für die Krankenkassen am Ende teurer, so das Argument: «Erste Versicherer haben das schon erkannt und streben daher Lösungen an, wie die Managed-Care-Vereinbarung von CSS und Swica mit der Kinder-Permanence Swiss Medi Kids zeigt.»
Aber bekanntlich wollen andere Kassen nun rigoros durchgreifen und allenfalls Millionenbeträge zurückfordern.
Wie die kantonale Gesundheitsdirektoren-Konferenz gegenüber Radio SRF bekannt gab, sind erste Kantone schon mit Anträgen um finanzielle Unterstützung von grösseren Praxen konfrontiert: «Dies deshalb, weil die Praxen teilweise die Summen nicht stemmen können, die sie den Versicherern rückerstatten müssen.» Nun würden Verhandlungslösungen zwischen den betroffenen Leistungserbringern und den Versicherern angestrebt. «Es gilt auf jeden Fall zu verhindern, dass das Bundesgerichtsurteil Versorgungsengpässe zur Folge hat», schreibt die GDK. Man werde die Entwicklung daher eng weiterverfolgen.

«Systemrelevant»

Der Brief der Zürcher Ärzte deutet an, wie umfangreich das Sample der betroffenen Praxen ist: Im Kanton Zürich gehe es um rund 600 Organisationen mit über 2500 dort tätigen Ärztinnen und Ärzten. «Diese „Institute“ respektive die in den Instituten angestellten Ärztinnen und Ärzte sind somit systemrelevant in der ambulanten ärztlichen Versorgung der Bevölkerung des Kantons Zürich, und insbesondere die in der Grundversorgung tätigen Institute decken einen wesentlichen Teil des ärztlichen Notfalldienstes ab.»
Die AGZ ersucht nun die Versicherer, auf die Rückforderung von Notfall-Inkonvenienzpauschalen und Dringlichkeits-Inkonvenienzpauschalen zu verzichten; ferner soll die Abrechnung dieser Pauschalen für die – ohnehin nur noch begrenzte – Geltungsdauer des Tarmed weiter ermöglicht werden.
Im übrigen müssten die Tarifpartner jetzt für Ansätze sorgen, die den Versorgungansprüchen ausserhalb regulärer Praxisöffnungszeiten gerecht wird und den höheren Aufwand abdeckt, der damit verbunden ist.
Das Bundesgericht hatte im Juli geurteilt, dass eine Permanence, die regulär abends und am Wochenende geöffnet hat, nicht automatisch höhere Sätze dafür verlangen kann. Die Dringlichkeits-Inkonvenienz-Pauschale sei für Fälle geschaffen worden, wo ein Hausarzt ausserhalb seiner Praxiszeit einen kurzfristigen Sondereinsatz leisten muss, urteilte das oberste Gericht. Aber nicht für Permanence- oder Walk-In-Praxen.

Artikel teilen
  • Share
  • Tweet
  • Linkedin
  • Whatsapp
  • Telegram
Kommentar

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Was ist Ihr Beruf?

Wo arbeiten Sie?*

undefined
undefined

*Diese Angaben sind freiwillig. Sie bleiben im Übrigen anonym.
Warum bitten wir Sie darum? Medinside bietet Ihnen die Informationen und Beiträge kostenlos. Das bedeutet, dass wir auf Werbung angewiesen sind. Umgekehrt bedeutet es idealerweise auch, dass Ihnen auf Medinside möglichst nur Werbung gezeigt wird, die zu Ihnen passt und die Sie interessant finden könnten.
Wenn wir durch solche Erhebungen Angaben über das allgemeine Profil des Medinside-Publikums gewinnen, nützt dies allen: Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, uns und unseren Kunden. Vielen Dank!


Vom gleichen Autor

image

USZ: Mehr Vertrauen in die Spitalleitung

Die Fluktuationsrate des Personals im Universitätsspital Zürich erreichte letztes Jahr 13 Prozent. Im Kantonsspital Winterthur lag sie bei 11 Prozent.

image

Kantonsspital Winterthur kämpft sich zurück

Mehr Patienten, strikteres Kostenmanagement, verbesserte Abläufe: Das KSW konnte letztes Jahr den Verlust halbieren.

image

Zurück auf die Beine: Stimulation hilft Gelähmten beim Gehen

Ein neues Verfahren aus Lausanne verbindet Rückenmark-Stimulation mit Robotik – um bei Querschnittgelähmten die Muskelkoordination zu verbessern. Das System könnte weltweit in Reha-Kliniken eingesetzt werden.