Für FDP-Ständerat Josef Dittli ist es eine der umfassendsten und zentralsten Gesundheitsreformen seit Einführung des KVG im Jahr 1996. Der Curafutura-Präsident sagte dies in der Debatte vom Donnerstagvormittag zur Parlamentarischen Initiative «Finanzierung der Gesundheitsleistungen aus einer Hand. Einführung des Monismus».
Die Grundlagen dazu wurden bereits 2004 mit dem Forschungsbericht «Monistische Spitalfinanzierung» gelegt. Die Parlamentarische Initiative, die nun der Ständerart behandelte, wurde 2009 von der Mitte-Nationalrätin Ruth Humbel eingereicht. Der Nationalrat hatte sie vor dreieinhalb Jahren verabschiedet.
Doch die ständerätliche Gesundheitskommission benötigte zusätzliche zwölf Sitzungen, um die nun verabschiedete Version durchs «Stöckli» zu bringen, wie die kleine Kammer auch genannt wird. Die grösste Herausforderung bestand darin, die Kantone mit ins Boot zu holen.
Kostenkontrolle und Pflege
Sie stellten zwei Forderungen: eine Kostenkontrolle und den Einbezug der Pflege. Wenn die Kantone neu neben den stationären auch die ambulanten Leistungen mitfinanzieren sollen, so möchten sie auch eine entsprechende Kontrolle ausüben können. Und was die Pflegefinanzierung betrifft, befürchteten sie, dass sie als Restfinanzierer immer tiefer in die Schatulle greifen müssen. Deshalb verlangten sie, dass auch die Pflege einheitlich durch Kanton und Kasse finanziert werden muss.
Auf beide Forderungen gehen die Ständeräte ein, da sie aus naheliegenden Gründen die Interessen der Kantone höher gewichten als der Nationalrat. So sollen die Kantone in die Tariforganisation für ambulante Behandlungen aufgenommen werden. Darüber hinaus sollen sie in einer neuen Tariforganisation für Pflegeleistungen mitwirken.
In der Gesamtabstimmung stimmten 29 dafür, 6 stimmten dagegen und 5 enthielten sich der Stimme. Das Geschäft geht nun zurück in den Nationalrat, bei dessen Version die Leistungen der Pflege ausgeklammert sind.
«Absurde Dualität»
Zur Erinnerung: Mit der einheitlichen Finanzierung sollen Fehlanreize beseitigt werden. Denn das gültige System, in dem die Krankenkassen bei stationären Behandlungen 45 Prozent und bei ambulanten Leistungen 100 Prozent der Kosten tragen, bezeichnete Mitte-Ständerat Pirmin Bischof als «absurde Dualität».
Bischofs Parteikollege Peter Hegglin sagt es so: «Aufgrund der höheren Entschädigung für stationäre Leistungen kommt es dann auch sehr häufig vor, dass Spitäler bei freien Kapazitäten Operationen stationär statt ambulant durchführen - und dadurch höhere Kosten verursachen.»
Diese Problematik sei auf die unterschiedlichen tarifären Abgeltungen und die unterschiedliche Finanzierung im ambulanten und stationären Bereich zurückzuführen. «Mit der aktuellen Efas-Vorlage würden solche Fehlanreize in der Behandlungskette im Akutbereich deutlich verbessert», so der Zuger Ständerat.
Aber wie ist das nun mit den Kostensparnissen? «Das Sparpotenzial der Vorlage ist schwer abzuschätzen», meinte Kommissionspräsident Erich Ettlin, ebenfalls von der Mittepartei. «Aber wir gehen davon aus, dass es ein Sparpotenzial gibt, wenn man dann mal die integrierte Versorgung mit Efas besser fördern kann.»
Rechsteiners Einwand
Einer, der sich kritisch zur Vorlage äusserte, ist SP-Nationalrat Paul Rechsteiner. Er warnt davor, Kosteneinsparungen zu erwarten. Für ihn ist entscheidend, wie die Reform aus Sicht der Versicherten zu beurteilen ist. Dass nämlich in der Pflegefinanzierung die Kantone die Verpflichtung zur Restfinanzierung loswerden wollen, heisse für die Bevölkerung nichts Gutes.
Im weiteren kritisierte der St. Galler und ehemalige Gewerkschaftspräsident, dass die Übertragung der Finanzierungsverantwortung an die Krankenkassen auch zu einer Entmachtung der Kantone im stationären Sektor führe. Paul Rechsteiner wörtlich: «Im Gegensatz zu den Krankenkassenbaronen, ist man versucht zu sagen, sind die Gesundheits- und Finanzdirektoren der Kantone wenigstens demokratisch legitimiert, auch wenn sie weniger als jene verdienen.»
Wo das Ei des Kolumbus noch gesucht wird
Hannes Germann teilt die pessimistische Haltung seines Vorredners nicht. «Was lange währt, wird - hoffentlich - endlich gut», so der Schaffhauser SVP-Ständerat. Schliesslich sei man den Kantonen mit dem Einbezug der Pflege einen grossen Schritt entgegengekommen. Diese erhielten zudem mehr Steuerungsmöglichkeiten. «Steigen nämlich die Kosten in einem Kanton überdurchschnittlich, soll er zusätzlich zur geltenden Zulassungsbeschränkung für Ärztinnen und Ärzte die Zulassung anderer Leistungserbringer im ambulanten Bereich mildern oder stoppen können», erklärt Germann. Wobei man jedoch bei der Wohnsitz- und Rechnungskontrolle das Ei des Kolumbus noch nicht gefunden habe.
Zu viel Macht für Versicherer
Wie vorher ihr Parteikollege Rechsteiner äusserte sich auch Marina Carobbio Guscetti kritisch zum vorliegenden Modell, auch wenn sie grundsätzlich für eine einheitliche Finanzierung ist. Die Versicherer erhielten durch die «Gemeinsame Einrichtung KVG» zu viel Macht, und die Kantone hätten keine Budgethoheit und weniger Steuerkompetenz. «Das ist in keinem sonstigen Bereich, in dem Steuergelder verwendet werden, der Fall», moniert die Tessiner SP-Ständerätin, die auch Präsidentin von Palliative Care Schweiz ist.
Was das Hauptargument für Efas betrifft, nämlich die Beseitigung der Fehlanreize, weist Marina Carobbio, selber Ärztin, darauf hin, dass im ambulanten Bereich schon heute starke Kostensteigerungen und eine Mengenausweitung zu beobachten seien. «Einige Kantone machen im ambulanten Bereich schon viel, auch ohne Efas.»
Sorgen bereitet der Tessinerin zudem die Finanzierung der Langzeitpflege. Aktuell ist der OKP-Anteil der Langzeitpflege gedeckelt. Mit Efas wäre dieser nicht mehr gedeckelt. «Die Dynamik der Kostenentwicklung in der Langzeitpflege schlägt so voll auf die Prämien durch.»
Was ist mit den Vertragsspitälern?
Im stationären Bereich zahlen Spitäler 55 Prozent und die Krankenkassen 45 Prozent der Kosten. Für Vertragsspitäler, die nicht auf einer Spitalliste figurieren, bedeutet dies, dass ihr Aufwand nur zu 45 Prozent über die Obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) gedeckt ist. Vom Kanton erhalten sie nichts. Das Loch stopfen sie mit den Zusatzversicherungen.
Wenn nun der Kostenschlüssel neu definiert wird, indem Spitäler 25 Prozent aller Leistungen decken und die Krankenkassen die restlichen 75 Prozent, so wären die Vertragsspitäler die grossen Profiteure der neuen Reform. Ihre Kosten würden künftig zu 75 statt bloss zu 45 Prozent durch die OKP gedeckt. So zumindest hat es der Nationalrat vorgesehen.
Der Ständerat hingegen ist damit nicht einverstanden. Er will, dass die Vertragsspitäler eine gleich hohe Vergütung erhalten wie heute. Ein Fall für die Differenzbereinigung.