Die Ankündigung, dass am Kantonsspital St. Gallen (KSSG) bis Ende 2024 rund 260 Stellen gestrichen werden, sorgte im September für Wut und Enttäuschung bei den Mitarbeitenden. Viele von ihnen
gingen auf die Strasse, solidarisierten sich mit den Betroffenen und wollten so auf die prekäre Situation am KSSG aufmerksam machen. Gehör fanden sie wohl wenig.
Denn jetzt machen Mitarbeitende ihren Frust vermehrt öffentlich. Anfang März liess eine Pflegefachfrau zuerst auf den sozialen Medien und später im
«Blick» Dampf ab. Grund: Die Absage des Mitarbeiterfestes.
In einem sarkastischen Beitrag schrieb sie: «Hab ich einen tollen Arbeitgeber. Das Kantonsspital bedankt sich an dieser Stelle bei allen fleissigen Mitarbeitern, die jeden Tag engagiert ihren Einsatz leisten. Sie lassen das grösste Event vom Jahr für die Mitarbeiter ausfallen. Merci.»
Und weiter: «Aber hey, ich muss als diplomierte Fachkraft dankbar sein, keine Kündigung zu erhalten.»
Ihr gehe es vor allem um die Art, wie das Spital kommuniziert. «Man hat sich daran gewöhnt, wie das Spital mit einem umgeht», sagte sie. Und sie ist nicht die Einzige.
«Ich erlebe es auch so»
Diese Woche meldete sich eine weitere Pflegefachfrau im Regionalmagazin
«Werdenberger & Obertoggenburger» zu Wort
. Als Folge der Massenentlassung im Herbst 2023 herrsche nun ein regelrechter «Pflexodus» am KSSG: «Auf diversen Stationen haben Arbeitskolleginnen und -kollegen, Stationsleitungen und Pflegedienstleitungen gekündigt». Dadurch verliere das KSSG äusserst erfahrenes Personal. Es handle sich dabei um Persönlichkeiten, die in einer Zeit, wo sich der Fachkräftemangel beim Pflegepersonal merklich zuspitze, nur schwer ersetzbar seien.
Von einer normalen Fluktuation zu sprechen, erscheine ihr sehr weit hergeholt. Im Vergleich zu anderen Spitälern unternehme das KSSG wenig, was die Arbeitsbedingungen für das Pflegepersonal attraktiv mache, so ihr Vorwurf.
Auf Nachfrage von Medinside bestätigt Nicole Rüegg vom SBK, Sektion SG TG AR AI die Darstellung: «Ich erlebe es ebenfalls so wie im Bericht beschrieben. Wir hören diese Rückmeldungen oft. Für viele Pflegefachpersonen ist es aktuell schwierig die Verantwortung über die Pflegequalität zu übernehmen.» Es sei schlicht zu wenig Zeit, die Arbeit so auszuüben, dass die Pflegequalität zufriedenstellend gewährleistet ist – und dass die Mitarbeitenden mittelfristig gesund bleiben.
Die Verunsicherung und Unzufriedenheit des Personals nehme mit den fortlaufenden Kündigungen von Leitungspersonen und langjährigen Pflegefachpersonen auch nicht ab – im Gegenteil.
«Besorgt»
Das KSSG spricht von einer normalen Fluktuation. Nicole Rüegg bezweifelt dies: «Aus meiner Perspektive zeigt sich eine andere Situation».
Der Berufsverband erhalte laufend Rückmeldungen von Mitgliedern, die gekündigt haben, einige auch in leitenden Positionen. «Auch wir sind sehr besorgt wie es weitergeht im KSSG», so Nicole Rüegg.
Was sagt das KSSG? Dies die Stellungnahme:
«Das Kantonsspital St.Gallen (KSSG) beschäftigt insgesamt gegen 6'200 Mitarbeitende, davon fast 700 Auszubildende. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die im letzten Herbst eingeleiteten Massnahmen, die aufgrund der damaligen finanziellen Situation leider unumgänglich waren, für uns alle einem schmerzvollen Einschnitt gleichkamen.
Ebenso klar ist, dass damit bei einigen Mitarbeitenden Verunsicherungen ausgelöst wurden, die vereinzelt verständlicherweise noch immer nachhallen. Die Anzahl der freiwilligen Abgänge ist über das ganze Unternehmen gesehen aber bisher stabil geblieben.
So kündigen am KSSG jeden Monat durchschnittlich um die 50 Mitarbeiterinnen/ Mitarbeiter ihre Stelle, was einer Fluktuation von rund 10 bis 11 Prozent entspricht. Dieser langjährige Durchschnittswert – in der Pflege liegt er bei 13 Prozent – hat sich bis heute kaum verändert. Punktuell kann aber jederzeit ein Departement oder eine Station vorübergehend mehr von Kündigungen und damit einhergehend von einem personellen Engpass betroffen sein als andere.
In Bereichen, in denen die Rekrutierung schon immer schwierig war (so insbesondere bei den Spezialisierungen wie u.a. in der Onkologie, in der Notfallpflege (NDS), im OP oder auch in der Radiologie (MTRA) ist es weiterhin schwierig geblieben. Davon sind in der Schweiz praktisch alle Spitäler gleichermassen betroffen.»