Seit fünf Jahren wird am elektronischen Patientendossier, kurz EPD, gearbeitet. So richtig vorwärts geht es damit allerdings nicht. Im Gegenteil, es hinkt, wie ein kranker Patient. Die Problematik: Die Patientendossiers werden nicht von einer zentralen Stelle angeboten, sondern von mehreren regionalen sogenannten Stammgemeinschaften, die sich in einem komplizierten Verfahren zertifizieren lassen müssen.
Lediglich 8000 Patientendossiers wurden bis Ende März von sieben Stammgemeinschaften eröffnet. Nun hat der Bundesrat das Gesundheitsdepartement von Bundesrat Alain Berset damit beauftragt, das Bundesgesetz über das elektronische Patientendossier umfassend zu revidieren.
So will der Bund die Kostenübernahme regeln
Die Eckwerte hat der Bundesrat bereits festgelegt: Wie das
Schweizer Fernsehen gestern berichtet hat, will er sich vom Parlament die Kompetenz geben lassen, Regeln für alle Stammgemeinschaften zu erlassen.
Den Betrieb der Stammgemeinschaften sollen die Kantone bezahlen. Selber will er einzig die Kosten für die Weiterentwicklung der Systeme übernehmen. Heute sind nur Spitäler, Pflegeheime und neu zugelassene Ärztinnen und Ärzte dazu verpflichtet, ihre Unterlagen in elektronischen Patientendossiers zu hinterlegen.
In Zukunft sollen jedoch alle ambulant tätigen Gesundheitsfachpersonen dazu verpflichtet werden, ein Dossier zu führen. Schweizerinnen und Schweizern soll es freigestellt bleiben, ob sie ein elektronisches Patientendossier wollen oder nicht.
Der Bundesrat stellt aber noch ein weiteres Modell zur Diskussion: Das Patientendossier wird automatisch eröffnet, ausser der Patient lehnt es deutlich ab. Dieses «opt-out»-Modell wird laut «SRF» vom Bundesrat bevorzugt.
Und während Forschende Zugriff auf Wunsch der Patienten die Daten der Patientendossiers erhalten sollen, werden die Krankenkassen davon ausgeschlossen.
Axsana-Chef äussert Kritik
Froh über die Richtung ist Samuel Eglin, Geschäftsführer der grössten Stammgemeinschaft Axsana, die seit Anfang Jahr 14 Kantone abdeckt. Vermissen tue er allerdings den Entscheid, die bereits bestehenden Systeme technisch zu vereinheitlichen.
Aktuell würden parallel vier verschiedene Systeme laufen, die völlig redundant seien: «Sämtliche Weiterentwicklungskosten auf den technischen Systemen haben wir in der Schweiz vierfach. Das macht keinen Sinn und ist letztlich für die Steuerzahlenden auch nicht zumutbar», wird er vom «SRF» zitiert.
Hat das EPD Überlebenschancen?
Der Bundesrat sei sich bewusst, dass die Finanzierung der Stammgemeinschaften über kurz oder lang zum Problem werde. Deshalb lasse er gleichzeitig eine Vorlage für eine Übergangsfinanzierung ausarbeiten, die Finanzhilfen an Stammgemeinschaften vorsehe, bis die Revision des Bundesgesetzes eine neue Finanzierungsgrundlage liefere.
Wie das «SRF» zu bedenken gibt, muss diese Übergangsfinanzierung zuerst noch durchs Parlament. «Die Frage wird sein, ob das kränkelnde elektronische Patientendossier solange überlebt», so das Schweizer Fernsehen.
Zum EPD
Das elektronische Patientendossier wird seit Anfang 2021 schrittweise flächendeckend eingeführt. Als erste den Betrieb aufgenommen hat die sogenannte Stammgemeinschaft eHealth Aargau. Sie bietet der Aargauer Bevölkerung seit Anfang Mai 2021 die Möglichkeit, ein elektronisches Patientendossier zu eröffnen.
Die Einführung des Patientendossiers war zuvor mehrmals verschoben worden. Dafür gibt es verschiedene Gründe, unter anderen die Finanzierung, die dezentrale Umsetzung und das komplexe Zertifizierungsverfahren.
Quelle: «SRF»