Nur 15 Sitzungen pro Verordnung finden die Psychotherapeuten zu wenig

15 Sitzungen für eine Psychotherapie seien zu wenig, finden die Schweizer Psychologen. Froh sind sie trotzdem, dass der Bundesrat für sie ein direktes Abrechnungssystem einführen will.

, 11. Oktober 2019 um 10:16
image
  • ärzte
  • psychiatrie
  • psychologie
Nur halb zufrieden mit den Plänen des Bundesrats sind die Berufsverbände der psychologischen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten. Sie finden es zwar «markant besser», dass künftig eine ärztliche Verordnung genügt, damit die Grundversicherung eine Psychotherapie bezahlt.
Derzeit bezahlt die Grundversicherung nämlich nur dann Psychotherapien, wenn sie unter der Aufsicht und in den Räumen eines Arztes gemacht werden. Therapiestunden bei einem Psychologen oder einer Psychologin mit eigener Praxis müssen die Patienten selber bezahlen.

Schon nach 15 Sitzungen ein neuer Arzttermin: Unnötiger Aufwand?

Neu sollen Ärzte – wie bei Physiotherapien – eine Verordnung ausstellen können, die zum Bezug einer bestimmten Anzahl kassenpflichtiger Therapiestunden berechtigt. Doch genau an dieser bestimmten Anzahl stören sich die Berufsverbände: Der Bundesrat will, dass die Ärzte lediglich 15 Sitzung aufs Mal anordnen können.
Das würde bedeuten, dass bereits nach fünfzehn Sitzungen wieder ein Arzttermin vereinbart werden muss, um eine zweite Anordnung für weitere fünfzehn Sitzungen zu erhalten. «Damit wird unnötiger administrativer Aufwand generiert», kritisiert Gabriela Rüttimann, Präsidentin der Assoziation Schweizer Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten (ASP), in einer Medienmitteilung. «Fünfzehn Sitzungen reichen in vielen Fällen nicht aus, vor allem wenn Kinder oder Jugendliche betroffen sind, bei denen oft umfangreiche Abklärungen auch im Umfeld notwendig sind.»

Nach 30 Sitzungen ein Bericht an den Kassenarzt

Auch der Vorschlag, dass neu bereits nach dreissig Sitzungen ein Bericht an den Vertrauensarzt der Krankenkasse fällig werden soll, um die Therapie fortsetzen zu können, stösst auf Widerstand bei den Verbänden. Heute muss ein solcher Bericht erst nach vierzig Sitzungen verfasst werden.
Schliesslich wehren sich die drei Psychologie- und Psychotherapieverbände auch gegen die geplante Beschränkung der Sitzungsdauer auf sechzig Minuten. Das sei unzweckmässig, weil wichtige Behandlungsformen damit verunmöglich würden. Als Beispiele geben sie an: Kriseninterventionen, Abklärungen bei Kindern und Jugendlichen, Expositionen bei Ängsten und Psychotherapien mit Dolmetschern.

BAG will Zugangshürden abbauen und Wartefristen senken

Mit dem neuen Modell will das Bundesamt für Gesundheit (BAG) Zugangshürden abbauen und dafür sorgen, dass Therapien frühzeitig beginnen können, bevor es zu chronischen Erkrankungen komme. Zudem hofft das BAG, dass es mit dem neuen Modell zu weniger langen Wartefristen – vor allem in ländlichen Regionen sowie bei Kindern und Jugendlichen kommt.
Es gibt aber Kritiker. So fürchtet Erich Seifritz, Psychiatrie-Chefarzt der Psychiatrischen Uniklinik Zürich (PUK), dass mehr Therapien verordnet würden und deshalb höhere Gesundheitskosten drohten.

Verdienen Psychiater mit dem alten Modell mehr?

Die Psychologen kontern solche Kritik: Sie vermuten, dass die Psychiater bloss um ihre Einnahmen fürchteten. Mit dem bisherigen Modell würden Psychiater daran verdienen, dass sie Psychologen für sich arbeiten lassen.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Arzt & Co.: Das Kinderarzthaus wird erwachsen

Die neu gegründete Firma Arzt & Co. eröffnet eine erste Hausarztpraxis in Baden. Sie ist ein Schwesterunternehmen der Kinderarzthaus-Gruppe.

image

Zürich bekommt eine neue Kantonsärztin, Appenzell sucht eine

Franziska Kluschke tritt im Februar in die Fussstapfen von Christine Maier.

image

UPD: Mathias Wernli wird Finanzchef

Gleichzeitig bleibt er Finanzdirektor des Psychiatriezentrums Münsingen, um den geplanten Zusammenschluss der beiden Einrichtungen zu begleiten.

image

Neue Position für Urs Peter Mosimann

Der ehemalige Insel-Direktor wird Chef und Ärztlicher Direktor der Privatklinik Wyss. Christian Imboden wechselt zu den Solothurner Spitälern.

image

Clinicum Alpinum Liechtenstein: Mitgründer tritt zurück

Marc Risch übergibt das Zepter an Pavel Ptyushkin.

image

Das Ende des Numerus Clausus ist beschlossen

Trotz Widerstand von Bundesrat Guy Parmelin setzt das Parlament auf eine Alternative zum NC für angehende Schweizer Ärzte.

Vom gleichen Autor

image

SVAR: Neu kann der Rettungsdienst innert zwei Minuten ausrücken

Vom neuen Standort in Hundwil ist das Appenzeller Rettungsteam fünf Prozent schneller vor Ort als früher von Herisau.

image

Kantonsspital Glarus ermuntert Patienten zu 900 Schritten

Von der Physiotherapie «verschrieben»: In Glarus sollen Patienten mindestens 500 Meter pro Tag zurücklegen.

image

Im Schaufenster stehen vor allem unwirksame Medikamente

Bieler Ärzte schlagen eine neue Etikette für rezeptfreie Arzneimittel vor. Sie soll zeigen, wie verlässlich die Wirksamkeit nachgewiesen worden ist.