«Jeder Versicherte sollte Anspruch auf ein Lungenkrebs-Screening haben»: So lautet die Forderung der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP). Die Deutschen setzen viel Hoffnung auf eine Früherkennung: «Die Computertomografie senkt die Sterberate signifikant, erste Studien weisen auf eine mögliche Reduzierung bis zu 20 Prozent hin», halten die deutschen Pneumologen fest.
Tödlichste Krebsart
Auch in der Schweiz empfahl kürzlich eine Expertengruppe, ein Lungenkrebs-Screening für Risikogruppen einzuführen. Lungenkrebs ist in der Schweiz eine der tödlichsten Krebsarten: Jährlich erkranken in der Schweiz rund 4800 Menschen neu an Lungenkrebs, etwa 3300 sterben daran.
Bei den Männern gibt es in den letzten Jahren etwas weniger Lungenkrebsfälle, bei den Frauen mehr. Das Problem ist: Lungenkrebs wird oft zufällig und erst in einem fortgeschrittenen Stadium entdeckt, weil Lungenkrebs zu Beginn keine besonderen Symptome verursacht.
Nur wenige Länder testen systematisch
Um Lungenkrebs frühzeitig zu erkennen, ist die niedrigdosierte Computer-Tomografie (LDCT) derzeit die beste Methode. Sie wäre einfach anzuwenden. Nur: In Europa haben bisher nur ganz wenig Länder eine systematische Früherkennung von Lungenkrebs.
Unter anderem bieten Polen und Grossbritannien Lungen-Checks an. Kroatien ist das einzige Land, das laut der Krebsliga ein etabliertes nationales Programm hat.
EU macht sanften Druck
Die EU-Gesundheitskommission empfiehlt ihren Mitgliedstaaten, die Einführung von Lungenkrebs-Screenings mittels LDCT zu prüfen. Allerdings hat sich bereits gezeigt: Ein wirksames Screening ist schwierig. In den USA etwa nutzen nur ganz wenige Risikopersonen die Früherkennung.
In Grossbritannien erreicht der Lungengesundheits-Check hingegen viel mehr Menschen. Allerdings werden die Computer-Tomografien dort mit einer speziellen Methode angeboten: Grosse Lastwagen mit allen nötigen Apparaten fahren zu den Leuten.
Für Patienten mit hohem Risiko
Das Hauptproblem bei den Screening-Programmen: Nur die wenigsten Risikopersonen wollen sich eingestehen, dass sie zu viel rauchen und deshalb zu jener Gruppe gehören, die sich einem Screening unterziehen sollte.
In der Schweiz ist noch nicht klar, wie man das Problem lösen will. Schon jetzt empfehlen Fachleute aber, besser von einem «Lungengesundheitscheck» als von Lungenkrebs-Screening zu sprechen. Damit wollen sie Ängste und Stigmatisierungen in den Risikogruppen vermeiden.
500 Franken pro Check
Milo Puhan, Direktor Institut für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention der Universität Zürich, rechnet bei einem Früherkennungsprogramm in der Schweiz mit Kosten pro Teilnehmer für Screening und Beratung von etwa 500 Franken.
Bislang ist unklar, wer die Finanzierung übernehmen soll. Weil in der Schweiz die Gesundheits-Prävention kantonal geregelt ist, ist ein für alle zugängliches System schwierig einzuführen.
Besser ohne Franchise
Die Schweizer Expertengruppe, welche das Lungenkrebs-Screening empfiehlt, ist für systematische Screening-Programme. Sie glauben, dass besonders Risikopersonen mit wenig Geld eher eine solche Untersuchung machen lassen, wenn sie keine Franchise bezahlen müssen.
Wer zum Kreis der Personen gehört, denen systematisch ein Check empfohlen und bezahlt werden soll, ist noch nicht klar. Klare wissenschaftliche Kriterien gibt es nicht.
Über 20 Jahre lange 20 Zigis pro Tag
Die Krebsliga könnte sich folgende Definition der Risikogruppe vorstellen: Raucherinnen und Raucher ab 50 Jahren und Personen, die 20 Jahre lang mindestens 20 Zigaretten pro Tag geraucht haben. So, hofft die Krebsliga, könnten alle Personen erreicht werden, die von einem Lungenkrebs-Screening profitieren würden.
Rauchstopp nötig
Worüber sich Experten und die Krebsliga einig sind: Unterstützung bei der Raucherentwöhnung nach dem neuesten Stand des Wissens sollte Risikopersonen immer angeboten werden, unabhängig davon, ob sie sich für oder gegen ein Screening entscheiden.
Gemeinnützige Stiftung bietet Früherkennung an
Die Stiftung für Lungendiagnostik bietet seit 2016 die Früherkennung von Lungenkrebs bei Risikopersonen an. Die Kosten für die Computertomografie (CT) - derzeit sind es rund 240 Franken - müssen die Patienten zwar selber tragen, sie sind aber mit Spendengeldern reduziert und «entsprechen etwa vier Wochen Zigarettenrauchen», wie die Stiftung betont.
Das Programm zur Früherkennung von Lungenkrebs richtet sich nur an Personen, die ein erhöhtes Risiko für Lungenkrebs haben, also vor allem an langjährige Raucherinnen und Raucher.