Ärzte wehren sich gegen das «Gendern»

Das Kantonsspital Winterthur hat allen Mitarbeitenden eine geschlechtergerechte Sprache verordnet. Mehrere Mediziner lehnen dies als «Newspeak» nun ab.

, 9. Februar 2023 um 16:00
image
Über das «Gendern» wird heftig und emotional diskutiert. | KSW
Nebst dem Duzen mischt auch das «Gendern» voll im Zeitgeist mit. Das geht auch an den Spitälern nicht vorbei. Künftig heissen die Patienten im Kantonsspital Winterthur (KSW) im Singular «ein:e Patient:in» und im Plural «die Patient:innen». Dies hat die Geschäftsleitung im Leitfaden «Die KSWler:innen gendern» verordnet. Ob und in welcher Form Sprache geschlechtersensibel sein soll, darüber scheiden sich die «Geister:innen» : Für die einen ist es Ausdruck der Gleichstellung, für die anderen ist es Bevormundung.
Einer Gruppe von Ärzten geht das «Gendern» im KSW nun aber zu weit, wie die «Weltwoche» in ihrer aktuellen Ausgabe berichtet. Sieben Mediziner intervenierten bei der Spitalführung. «Weder handelt es sich um korrektes Deutsch, noch wird diese Schreibweise von staatlicher Seite verwendet oder empfohlen», heisst es im Schreiben.
Und weiter: «Wir haben nichts gegen eine natürliche Sprachentwicklung einzuwenden und geben selbst acht, eine wertschätzende und diskriminierungsfreie Ausdrucksweise zu verwenden.» Was hier aber geschehe, sei der Versuch, in einem Abhängigkeitsverhältnis stehenden Angestellten einen aktivistischen «Newspeak» zu oktroyieren.

KSW will keine Diskriminierung dulden

Dass dies von der Mehrheit der KSW-Geschäftsleitung offenbar gutgeheissen wird, irritiert die Mediziner um Lorenz Friedrich. Der zuweisende Arzt wurde gemäss eigenen Angaben von einem Kadermitglied des Kantonsspitals darauf aufmerksam gemacht, der sich ebenfalls an der von oben verordneten Gendersprache störe. Nach zweimaligem Anmahnen bekam die Gruppe ein von CEO Hansjörg Lehmann knapp formuliertes Statement. Auf die Einschätzung des Medizinergremiums wird nicht eingegangen, wie die «Weltwoche» weiter berichtet.
Dafür werden die aufmüpfigen Ärzte mit Allgemeinplätzen abgespeist. «Bitte verstehen Sie unseren Standpunkt, dass wir uns als Spital für die gesamte Bevölkerung sehen, daher keine Diskriminierung dulden und uns entsprechend für eine inklusive und gleichberechtigte Sprache einsetzen. Daran werden wir auch in Zukunft festhalten.»
Immerhin eine kleine Einschränkung macht die Direktion im Leitfaden: «Steht ein Adjektiv zwischen Artikel und Substantiv, wird der Lesefluss meist sehr stark gestört.» Deshalb solle statt «ein:e junge:r Patient:in» besser die Formulierung «eine junge Patientin / ein junger Patient» verwendet werden.
  • spital
  • kantonsspital winterthur
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

US-Software für das USZ? Debatte um eine Beschaffung

Vor dem Entscheid über ein neues Klinikinformationssystem beim Universitätsspital Zürich schalten sich Parlamentarier ein – aus allen Richtungen und mit einem klaren Wink.

image

Gewerkschaft ist «entsetzt» über Nullrunde in Aargauer Spitälern

«Keinerlei Bereitschaft für Wertschätzung der Mitarbeitenden»: So kritisiert die VPOD die Aargauer Kantonsspitäler.

image

Keine Lohnerhöhung in Aargauer Akutspitälern

Die Angestellten der beiden Kantonsspitäler in Baden und Aarau müssen auf eine Lohnerhöhung verzichten.

image

Arzt des Spitals Muri freigesprochen

Ein Patient starb nach einer Leberbiopsie. Der Arzt habe nicht fahrlässig gehandelt, urteilte das Gericht.

image

Service-Personal zu Pflege-Personal

Die Helios-Kliniken in Deutschland haben eine neue Idee gegen den Fachkräftemangel: Sie entlassen externe Service-Angestellte. Und bieten ihnen dann eine Pflege-Ausbildung an.

image

Zollikerberg: Neuer Chefarzt und Klinikleiter Nephrologie

Robert Schorn wird per Anfang Juni 2025 Nachfolger von Jörg Bleisch.

Vom gleichen Autor

image

Kantonsspital Glarus verliert GL-Mitglied

Thomas Kühnis, Chef der Finanzen, Informatik und Betriebe, verlässt nach neun Jahren die Geschäftsleitung des Kantonsspitals Glarus.

image

Neue Ärzte-Tarife auf dem Weg zur Genehmigung

Die Tarifpartner beantragen wie geplant die Genehmigung eines Tarifsystems aus ambulanten Pauschalen und Tardoc.

image

Schatten über dem Verkauf des Spitals Flawil

Wurden beim Verkauf des Spitals Flawil die Vertragspartner getäuscht? Mehrere Kantonsparlamentarier verlangen Antworten von der St.Galler Regierung.