Klinik am Pranger – vielleicht zu Unrecht

Wegen einer missglückten Operation kommt eine Klinik im «Kassensturz» schlecht weg. Doch ob der Fall tatsächlich vermeidbar gewesen wäre, bleibt unklar.

, 5. März 2025 um 09:30
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Michael Jordi, Eidg. Qualitätskommission im Gesundheitssystem: Nur etwa die Hälfte der Spitalfehler wären vermeidbar. | SRF
Ein Hausarzt schickte seine Patientin in die Klinik Gut in Fläsch für eine so genannte Osteotomie, also die Durchtrennung eines Knochens zum Beheben einer Fehlstellung.
Die Operation misslang: Das Bein wuchs wegen einer nicht berücksichtigten Vorstufe zu Osteoporose nicht richtig zusammen. Die Patientin, eine selbständige Coiffeuse, kann bis heute nicht voll arbeiten.
Diesen Fall nimmt die Sendung «Kassensturz» zum Anlass, die Klinik an den Pranger zu stellen: Sie nehme pro Jahr nur drei bis sieben Osteotomien vor, wird in der Sendung vermeldet. Und es wird suggeriert: Mit einem nationalen Bewertungssystem für Spitäler wäre der Fall vermeidbar gewesen. Ob das so ist, bleibt allerdings unklar.

Klinik beurteilt Sachlage anders

Die Klinik Gut beurteilt den Fall jedenfalls anders. Sie schrieb dem «Kassensturz: «Wir bedauern sehr, dass der Eingriff für die Patientin nicht das gewünschte Resultat gebracht hat. In Bezug auf die Indikationsstellung, die mündliche und schriftliche Aufklärung der Patientin über die Operation und die damit einhergehenden Risiken, beurteilen wir die Sachlage anders. … Auch wir hätten uns einen besseren Heilungsverlauf erhofft, sind aber überzeugt, dass wir die notwendige Expertise für solche Eingriffe haben und die Patientin von der Indikationsstellung bis zur Nachsorge jederzeit nach dem aktuellsten Stand der Wissenschaft behandelt haben.»
Auch Michael Jordi, Präsident der Eidgenössischen Qualitätskommission im Gesundheitssystem, stellte gegenüber «Kassensturz» klar, dass längst nicht alle Komplikationen oder Fehler verhindert werden können. Etwa die Hälfte der Spitalfehler wären vermeidbar, sagt er und nennt als Beispiel Infekte im Spital.

Die entscheidende Frage bleibt offen

Mit dem geschilderten Fall hat Jordi nichts zu tun. Jordi und der «Kassensturz» zeigen zwar, dass es in der Schweiz in der Tat an einem flächendeckenden Bewertungssystem für Spitäler fehlt.
Was der Bericht aber nicht beantwortet: Wäre die Klinik Gut in einem Schweizer Spital-Ranking so schlecht bewertet gewesen, dass die Patientin für ihren Eingriff ein anderes Spital gesucht hätte und dort ohne Komplikationen operiert worden wäre?
Eher nicht, lautet die Antwort. Medinside hat die Bewertung welches-spital.ch konsultiert. Dort schneidet die Klinik Gut in Fläsch überdurchschnittlich gut ab:
  • Rang 12 auf der Bestenliste 2025 der Spitäler der Deutschschweiz;
  • ein signifikant besseres Ergebnis bei Wiedereintritten (Rückfälle);
  • ein signifikant besseres Ergebnis bei Patientenzufriedenheit Akutsomatik.
Diese Bewertung macht der gemeinnützige und unabhängige Verein Spitalvergleich Schweiz mit Hilfe von Zahlen des Bundesamts für Gesundheit (BAG) und des Nationalen Vereins für Qualitätsentwicklung in Spitälern und Kliniken (ANQ).

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