«Kurzsichtig und eiskalt», «Dumm», «Saustall ausmisten» - das waren nur einige der empörten Reaktionen auf die von den St. Galler Spitälern angekündigten Massenentlassungen vor gut einem Jahr. Anfänglich hiess es, dass 440 Stellen gestrichen werden müssten, alleine 260 am Kantonsspital St. Gallen.
«Die finanzielle Lage der St. Galler Spitäler per Mitte 2023 ist dramatisch», liess sich Verwaltungsratspräsident Stefan Kuhn damals in verschiedenen Medien zitieren. Tatsächlich verbuchte die Gruppe der öffentlichen St. Galler Spitäler im
vergangenen Jahr ein Minus von fast 60 Millionen Franken.Für das eh schon arg strapazierte Gesundheitspersonal war das ein Schock,
sie gingen zu Hunderten auf die Strasse, machten ihrem Ärger und ihren Sorgen in den Medien und auf Social Media Luft. Die Rede war von Überlastung, von Qualitätseinbussen, von prekären Zuständen am KSSG.
Sturm vorüber?
Dann, nach dem anfänglichen Sturm wurde es ruhig. Hat sich die Situation also tatsächlich entspannt oder ist sie einfach in Vergessenheit geraten?
«Ja, es wurde ruhiger, aber entspannt ist die Situation aus meiner Sicht nicht. Der Vertrauensverlust ist bei den Mitarbeitenden spürbar», sagt Nicole Rüegg vom Berufsverband Pflege, Sektion SG TG AR AI gegenüber Medinside.
Philipp Lutz vom KSSG meint dazu: «Man kann die Situation heute nicht mehr mit jener von vor einem Jahr vergleichen». Es sei damals ein einschneidender Schritt gewesen, der in den ersten Wochen und Monaten viel Unruhe und auch Unverständnis ausgelöst habe. «Danach begann sich die Situation aber zunehmend wieder zu beruhigen, wenn gleich sich natürlich nicht alle Probleme gelöst haben». Seit dem Sommer könne das KSSG auch wieder mehr Bewerbungen verzeichnen.
Stellenabbau
Letztlich wurden weniger Kündigungen ausgesprochen, als ursprünglich angekündigt: Bei den vier St. Galler Spitalverbünden waren es gesamthaft 117, davon beim Kantonsspital 89, «was 62 Vollzeitstellen entspricht», wie Philipp Lutz erklärt.
In der Pflege hätten am Kantonsspital St. Gallen von den rund 2100 Mitarbeitenden 36 eine Kündigung erhalten, sechs davon in der Administration.
«Und ja, es gab vereinzelt Stationen, wo ganze Teams auch freiwillig gekündigt haben», sagt Lutz. Insgesamt habe man aber bei der Anzahl der freiwilligen Austritte keine wesentliche Zunahme festgestellt.
Herausforderungen bleiben
Schönzureden sei die Gesamtsituation im Spitalwesen weiterhin nicht, gibt Philipp Lutz zu bedenken. «Wir stehen vor denselben Herausforderungen wie viele andere Häuser, daran hat sich nichts geändert. Beispielsweise was die nichtkostengerechten Tarife betrifft».
Nicole Rüegg sorgt sich vorallem um den Pflege-Nachwuchs. Viele junge Diplomierte würden motiviert in den Beruf starten, um dann «ein Stück weit verheizt zu werden». Die Folge: Sie künden ihre Anstellung oder wechseln in Temporäranstellungen.