Rückblende in Zeitraffer: Im August 2023 kündigt der Bundesrat eine neue Tarifstruktur an. Für die Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten bedeutet dies eine Tarifsenkung. Grosser Aufschrei, nicht nur in der Branche.
Politikerinnen von rechts bis links werden aktiv. Demo auf dem Berner Bundesplatz mit rund 10'000 Personen. Physioswiss reicht Aufsichtsbeschwerde gegen das Bundesamt für Gesundheit (BAG) ein. Bundesrat sistiert Tarifeingriff. Ende Juni 2024 kündigt Physioswiss die Tarifverträge, um einen neuen Preis für physiotherapeutische Leistungen zu verhandeln.
Und jetzt?
«Die Gespräche laufen auf einer sehr konstruktiven Basis», sagt Physioswiss-Präsidentin Mirjam Stauffer. Wobei sich die Frage aufdrängt: welche Gespräche?
Man muss unterscheiden: Einerseits verhandeln die Tarifpartner über die Tarifstruktur, die durch den bundesrätlichen Eingriff im August 2023 notwendig wurde. Bis im Mai 2025 müssen Resultate vorliegen.
Andererseits verhandeln mehr oder weniger die gleichen Partner über den Preis für physiotherapeutische Leistungen, weil Physioswiss, wie gesagt, auf Ende Jahr die Tarifverträge gekündigt hat.
Hinhaltetaktik
Da gibt es einige Stolpersteine:
Wie berichtet, will die Krankenkassenbranche ab 2025 mit einem neuen und vor allem einzigen Verband auftreten. Das sorgt für Unsicherheit. Die Folge ist eine Hinhaltetaktik.
Was nun die Preise beziehungsweise den Taxpunktwert betrifft, so ist dieser von Kanton zu Kanton verschieden. Das macht die Sache nicht einfacher.
Heterogene Schweiz
Auch innerhalb der Kantone bestehen Unterschiede: Eine Praxis im Stadtzürcher Kreis 7 zu führen ist teurer als zum Beispiel in Flaach im Zürcher Weinland. Und in Davos oder St. Moritz sind die Mieten höher als in Landquart.
Diese geografischen Unterschiede werden im aktuellen Tarifsystem nicht berücksichtigt. «Wir denken darüber nach, ob wir auch regionale Unterschiede berücksichtigen können», sagt Mirjam Stauffer.
Festsetzungsverfahren
Falls bis Ende Jahr keine Einigung zustande kommt, werden in den Kantonen Festsetzungsverfahren eröffnet. In der Regel behalten dann die aktuell gültigen Tarife ihre Gültigkeit, allerdings ohne vertragliche Grundlage.
Tarifstruktur
Schwieriger sind die Verhandlungen über die Tarifstruktur. Schon lange vor dem Eingriff des Bundesrats gab es keine Einigung.
Tarifsuisse warf der Physiotherapie-Branche vor, ungenügende Daten zu liefern und intransparent zu sein. Dies führte letztlich dazu, dass der Bundesrat – damals unter Alain Berset – den inzwischen sistierten Eingriff vornahm.
Das Gesetz schreibt vor, dass eine neue Tarifstruktur kostenneutral sein muss, also keine Mehrkosten verursachen darf. Was das genau bedeutet, ist unklar. Der Preis wird letztlich durch den Taxpunktwert bestimmt, über den separat verhandelt wird.
Baume-Schneider sei Dank
Mirjam Stauffer gibt sich optimistisch, dass auch die Verhandlungen über die Tarifstruktur bis im Mai 2025 ein positives Ende finden.
Hoffnung gibt ihr die neue Gesundheitsministerin Elisabeth Baume-Schneider, die sich regelmässig persönlich über den Stand der Dinge informiert.
«Frau Baume-Schneider hat uns von Physioswiss nur drei Monate nach ihrem Amtsantritt zu einem Gespräch eingeladen», sagt Mirjam Stauffer. «Alain Berset haben wir nie gesehen».
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