Figure1 ist bekanntlich eine zunehmend populäre Ärzte-Site, quasi das Instagram der Mediziner mit gegen einer Million Nutzer aus dem globalen Gesundheitsbereich. Und Spotify ist Nummer 1 bei den Musikstreaming-Diensten. Die beiden Plattformen haben sich nun zusammengetan, um herauszufinden, welche Musik Ärzte hören – und vor allem: Welche Musik Chirurgen im OP einschalten.
Die Vorstellung, wonach dabei – beispielsweise – Keith Jarretts «Köln Concert» die beste Unterstützung bietet, muss sogleich erschüttert werden. Denn das Resultat ist klar:
- 49 Prozent der befragten Chirurgen wählten Rock’n’Roll,
- fast gleich viele kreuzten bei der Kategorie «Pop» an (48 Prozent).
- Immerhin 43 Prozent wählten aber auch Klassik (Mehrfachantworten waren möglich),
- während eher weniger Ärzte Entspannung durch Jazz (24 Prozent) oder R&B (21 Prozent) suchten.
Neun von zehn Ärzten gaben in der Umfrage an, dass sie ihre eigenen Playlisten für die Arbeit haben.
Natürlich muss man die Antworten nicht tierisch ernst nehmen. Insgesamt 700 Chirurgen aus rund 50 Ländern nahmen an der Umfrage teil, und das Sample spiegelt gewisse Vorlieben einer weissen, etwas älteren, angelsächsischen Mittelschichts-Bevölkerung.
Nostalgie beruhigt
Eine Erklärung für die starke Position des Rock bot ein New Yorker Gefässchirurg im
Magazin «Newsweek»: «Wenn ich Rock höre, komme ich in eine Lage, wo ich mich voll auf meinen Patienten konzentrieren kann», sagte Alan I. Benevisty vom Mount Sinai Health System: «Ich höre Bands aus meiner Jugend, und die Nostalgiegefühle dabei tragen mich in eine ruhige, fokussierte Lage».
Ruhig? Die am häufigsten genannten einzelnen Rocksongs sind jedenfalls recht ruppige Nummern (und man merkt der Liste notabene an, dass Frauen bei der Umfrage eher die Minderheit gewesen sein müssen…):
- «Rock You Like a Hurricane»: Scorpions
- «Sweet Child O’ Mine»: Guns N' Roses
- «Just What The Doctor Ordered»: Ted Nugent
- «Break On Through (To the Other Side)»: The Doors
- «Paint It Black»: The Rolling Stones
- «Whole Lotta Love»: Led Zeppelin
- «We Will Rock You»: Queen
- «Back in Black»: AC/DC
- «Cocaine»: Eric Clapton
- «The Wind Cries Mary»: Jimi Hendrix
Was lehrt die Umfrage? Vielleicht eines: Wenn man künftig als Patient oder Angehöriger zufälligerweise mitkriegt, dass der Chirurg vor der Operation «Stairway to Heaven» von Led Zeppelin oder «Knocking on Heaven’s Door» von Bob Dylan auflegt, dann muss das keine Botschaft sein. Sondern solche Songs passen einfach perfekt in den gängigen Mix von OP-Songs…
Laute Musik während einer Operation kann riskant sein
Dies ergab eine neue Untersuchung des
Imperial College London im Jahr 2015. Dabei wurden 35 Stunden Filmmaterial von 20 Operationen wissenschaftlich ausgewertet. 16 davon Eingriffe wurden unter Musikbegleitung durchgeführt.
Dabei zeigte sich: Die Kommunikation des OP-Teams wird bei zu lauter Musik empfindlich gestört. Denn dabei mussten Anfragen der Operateure im Schnitt fünf Mal häufiger wiederholt werden.
Nur einmal gab es Widerspruch
Bereits die Londoner Forscher meldeten damals, dass viele britische Chirurgen keinesfalls klassische Musik bevorzugten, sondern vor allem Dance und Drum'n'Bass hörten.
In den beobachteten Eingriffen erhob sich nur einmal eine OP-Pflegerin und bat den Operateur, die Musik leiser zu stellen, mit der Begründung, bei dem Lärm drohe sie den Überblick über die Anzahl der Tupfer zu verlieren, die sie am Ende zählen muss, damit keiner im Körper zurückbleibt.