Pflegefachleute kennen das Problem nur zu gut: Haben Patienten chronische Wunden, muss der Wundverband regelmässig entfernt und die Wunde untersucht werden. Dies nicht nur aus hygienischen Gründen, sondern auch, um die Wunde zu untersuchen oder Abstriche zu nehmen. Damit steigt auch das Risiko für Infektionen, weil Bakterien an die Wunde gelangen können.
Ein neuer smarter Wundverband könnte künftig den Zustand der Wunde anzeigen, ohne dass er für die Untersuchung abgenommen werden muss. Dadurch müssten Wundverbände nur so oft gewechselt werden, wie tatsächlich nötig, was Aufwand und Kosten sparen würde. Laut der Forschungsanstalt Empa wurden im letzten Jahr weltweit 17 Milliarden US-Dollar für Wundbehandlungen ausgegeben.
G. Panzarasa, A. Osypova, C. Toncelli, M.T. Buhmann, M. Rottmar, Q. Ren, K. Maniura-Weber, R. Rossi, L.F. Boesel: «The pyranine-benzalkonium ion pair: A promising fluorescent system for the ratiometric detection of wound pH» - in: «Sensors and Actuators B: Chemical», Juli 2017Das Pflaster wurde von der
Empa zusammen mit der ETH Zürich, dem Centre Suisse d'Electronique et de Microtechnique (CSEM) und dem Unispital Zürich entwickelt. Es ist mit Sensor-Molekülen bestückt, die über ihre Fluoreszenz anzeigen, wie sich die Menge an Glukose und Sauerstoff sowie der pH-Wert der Wunde entwickelt. Dieser ist ein wichtiger Indikator für die Phase der Wundheilung.
Bei einer normalen Wundheilung steigt der pH-Wert bis zu einem Wert von 8, sinkt dann in den leicht sauren Bereich von 5 bis 6. Schliesst sich die Wunde jedoch nicht und wird chronisch, schwankt der pH-Wert zwischen 7 und 8.
«Es wäre also hilfreich, wenn das Pflegepersonal am Wundverband mit einem Signal darauf aufmerksam gemacht werden könnte, dass der Wert konstant hoch ist», schreibt die Empa. «Muss der Verband nicht ohnehin aus hygienischen Gründen entfernt werden, könnte man bei tieferen pH-Werten noch zuwarten.»
Signale übers Smartphone
Der von den Empa-Forschern entwickelte Sensor verrät über Leuchtintensität, wie sich der pH-Wert der Wunde verändert. Die Sensormoleküle bestehen aus Benzalkonium-Chlorid, welches zum Beispiel auch bei Textmarkern vorkommt und unter UV-Licht leuchtet. Sie haben ausserdem den Vorteil, dass sie auf der Haut antimikrobiell wirken. Am besten funktoniert der Sensor bei pH-Werten zwischen 5,5 und 7,5.
Ablesen lässt sich die Leuchtintensität der Sensoren mithilfe eines vom CSEM entwickelten handlichen Fluoreszenz-Messgeräts. Künftig wäre auch das Ablesen der Signale per Smartphone-Kamera und einer dafür entwickelten App denkbar. Auch zuhause hätten Patienten die Möglichkeit, eine sich anbahnende chronische Wunde frühzeitig zu erkennen.
Noch existiert das smarte Pflaster nur als Prototyp und ist vom der Anwendung im klinischen Alltag noch weit entfernt. Zunächst müssen die Wissenschaftler sicherstellen, dass die Sensormoleküle für Zellen und Gewebe verträglich sind. Auch sind noch Untersuchungen nötig, wie der Sensor in einer komplexen Wunde funktioniert.