Geheimgespräche: Wie Santésuisse Reformvorschläge verunmöglichte

Die wichtigsten Akteure im Gesundheitswesen wollten das Feld nicht ganz der Politik überlassen. Doch der Krankenkassenverband Santésuisse verhinderte einen Erfolg.

, 3. Juni 2019 um 04:00
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Hier im Turmzimmer des Berner Münsters schmiedeten die wichtigsten Akteure im Gesundheitswesen den Geheimplan. | Bern.com
Kostenbremse, Prämienentlastung, mehr Eigenverantwortung: Alle grossen Parteien positionieren sich im Wahljahr, mit dem verlockenden Versprechen die Gesundheitskosten zu senken. 
Statt die Reformvorschläge ganz der Politik zu überlassen, arbeiteten Kantone, Versicherer, Ärzte und Spitäler aber bereits vor einem Jahr am grossen Wurf. Dies berichtet der «Sonntags Blick». 

Neue Tarife waren in Ausarbeitung

So trafen sich Vertreter der kantonalen Gesundheits­direktoren (GDK), der Versicherungsverbände Santésuisse und Curafutura sowie der Spital- und Ärzte­organisationen H+ und FMH zu Spitzengesprächen hinter verschlossenen Türen. Das erste Treffen fand im April 2018 im Turmzimmer des Berner Münsters statt.
Initiant der Idee: Der damalige GDK-Präsident und Alt-Regierungsrat Thomas Heiniger. Es stand bereits eine vorgefertigte Erklärung auf dem Tisch. Auch die Ausarbeitung neuer Tarife im ambulanten Bereich sei damals schon weit fortgeschritten gewesen, schreibt die Zeitung. Und die Kantone hätten ferner etwa die Neuzulassung von Ärzten besser beeinflussen können.

Santésuisse als Verhinderer

Doch nach insgesamt sechs Gesprächen scheiterte das Vorhaben am Widerstand von Santésuisse. Der Versicherer­verband Curafutura mit den grossen Kassen Helsana, CSS, KPT und Sanitas hätte die ganze Erklärung unterschrieben.
Santésuisse und die anderen Gesprächspartner konnten sich in der Diskussion um die einheitliche Finanzierung zwischen ambulant und stationär nicht einigen. Zankapfel war laut der Zeitung der Einbezug der Langzeitpflege.
«Auch auf längere Sicht ist der integrale Einbezug der Pflege ein massiver Kostentreiber, der die Tragbarkeit der Prämienlast für die Versicherten sprengt», sagt Santésuisse-Präsident Heinz Brand dem «Sonntags Blick».

CVP bringt sich in Stellung

Es ist nicht das erste Mal, dass sich Santésuisse in Gesprächskreisen verweigert. Auch eine Zusammenarbeit für einen neuen ambulanten Arzttarif lehnte Santésuisse bekanntlich ab. Der Verband beteiligte sich im Gegensatz zu Curafutura nicht an den Verhandlungen. 
Nach den erfolglosen Geheimgesprächen zwischen den wichtigsten Akteuren ging es laut der Zeitung letztlich nur noch darum, das Scheitern gemeinsam zu verschweigen. Die CVP hat den Ball nun wieder aufgenommen und will mit ihrer Kostenbremse-Initative politische Bewegung in die Diskussion um die steigenden Gesundheitskosten bringen.

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