Unispital-Präsident fordert andere Spitalfinanzierung

Insel-Gruppen-Präsident Bernhard Pulver kritisiert den Bundesrat.

, 10. Juli 2020 um 09:40
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Seit gut acht Jahren werden die Leistungen in der stationären Akutmedizin mit Fallpauschalen abgerechnet. Der VR-Präsident der Berner Insel Gruppe, Bernhard Pulver, zieht ein wenig schmeichelhaftes Zwischenfazit. Der vom Modell erzeugte wirtschaftliche Druck sorge nicht für eine gute Medizin, sagt Pulver am Freitag im Interview mit dem «Bund». Und auch nicht unbedingt für tiefere Kosten.

«Das System erlaubt nichts anderes als eine Mengenausweitung»

Die Spitäler hätten nur zwei Möglichkeiten gehabt, auf die Fallpauschalen und die damit einhergehenden Kürzungen zu reagieren: Steigerung von Effizienz und Umsatz. Und das mache man so auch. Doch irgendwann seien die Möglichkeiten der Effizienzsteigerung ausgereizt. Dann treffe es das Personal und die Qualität.
Und weil gleichzeitig die ganze Branche ihren Umsatz steigern müsse, sei eine Mengenausweitung die Folge. «Etwas anderes erlaubt dieses System gar nicht», sagt Pulver im «Bund»-Interview. Das störe ihn. Er wünsche sich eine Medizin, «bei welcher der Arzt oder die Ärztin mich als Patienten sieht und nicht als möglichen Umsatz.» Mit der vom Bundesrat Angang Jahr aufgegleisten Verordnungsrevision akzentuiere sich das Problem weiter. Diese könne deshalb nicht die Lösung sein-

Geht bald ein Unispital zu?

Viele hätten sich vom Finanzierungsmodell ein Marktbereinigungen erhofft, sagt Pulver. Doch bisher seien diese nicht eingetroffen - und man könne sich zudem schon auch fragen, ob es schlau sei, kleinen Regionalspitäler in die Insolvenz zu treiben. Pulver kritisiert auch die «nicht kostendeckenden Tarife» für die fünf Unispitäler. Wenn die Politik einfach abwarten wolle, bis das erste von sich aus abgibt, sei nicht statthaft.

Pulver will Systemwechel

Doch was schlägt Pulver vor? Es brauche einen Thinktank, der neue Wege prüfe. Diese Wege müsse man langfristig auch gehen. Statt einem Modell, das Anreize für die Durchführung möglichst vieler Eingriffe schaffe, brauche es ein Modell, in dem die Spitäler für das «Erhalten der Gesundheit» bezahlt werden, so Pulver.  Die «grössten politischen Fehler des gegenwärtigen Systems müssten korrigiert werden, damit ein vernünftiger Sparkurs eingeschlagen werde könne.»
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