Es sind schwierige Abwägungen, wenn werdende Mütter oder auch Eltern einen Schwangerschaftsabbruch in Betracht ziehen wollen – oder müssen. Im Jahr 2018 wurden laut offiziellen Zahlen rund 10'500 Schwangerschaften vorzeitig gemeldet, umgangssprachlich Abtreibung oder medizinisch Interruptio genannt. Seit 2004 schwankt die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche in der Schweiz zwischen 10'000 und 11'000 pro Jahr. Das Thema Abtreibung polarisiert.
Dass auch Ärzte und Spitäler damit nicht immer klar kommen, zeigt ein Beispiel aus Deutschland: So wollte ein Chefarzt der Gynäkologie Schwangerschaftsabbrüche klinikweit verbieten. Aus Gewissensgründen, begründet durch seinen christlichen Glauben. Der Entscheid riss moralische Gräben auf und befeuerte die Abtreibungsdebatte. Nach Intervention der Konzernleitung
verliess der Chefarzt schliesslich die Klinik. Dem Klinikdirektor, der sich hinter den Chefarzt gestellt hatte, wurde gekündigt.
Dieses Basler Spital verzichtet explizit darauf
Was vielen Menschen nicht bekannt sein dürfte: Es gibt auch in der Schweiz Kliniken, die keine Abtreibungen vornehmen wollen. So zum Beispiel das Basler Bethesda-Spital verzichtet explizit darauf, Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen. Dies hauptsächlich auf Grund der christlichen Geschichte des Hauses. Das Spital gehört zur Stiftung Diakonat Bethesda, die der Evangelisch-Methodistischen Kirche (EMK) nahesteht.
Das Basler Spital führte in der Vergangenheit zwar intensive Diskussionen, ob es künftig auch Abtreibungen durchführen soll. Doch das Bethesda hat sich
zur Tradition bekennt und fühlte sich schliesslich der christlichen Ethik verpflichtet. Das Spital führt weder Abtreibungen durch noch werden Rezepte verschrieben, die einen Schwangerschaftsabbruch bewirken.
St. Anna: Keine Abbrüche bis in alle Ewigkeit
Schwangerschaftsabbrüche werden vor allem in Spitälern durchgeführt. Die Zahl der ausführenden gynäkologischen Praxen hat über die Jahre abgenommen. Dies erhöht den Druck auf die Spitäler, was wiederum in verschiedenen Regionen der Schweiz zu Wartefristen führt.
Überraschenderweise wird auch
die Hirslanden Klinik St. Anna in Luzern wohl bis in alle Ewigkeit keine gewünschten Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. «Es werden keine elektiven Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt bei uns», bestätigt Hirslanden-Sprecher Lukas Hadorn.
Vertragliche Abmachungen verbieten es
Der Grund liegt ganz einfach darin, dass dies eine Bedingung bei der Übernahme der Klinik im Jahr 2005 war. Die Privatklinikgruppe Hirslanden musste dies der bisherigen Besitzerin, der religiösen Gemeinschaft der St.-Anna-Schwestern, versprechen. Diese hatten die Klinik
zuvor fast 100 Jahre lang geleitet. Die vertragliche Abmachung aus dem Jahr 2005 gelte nach wie vor und werde von der Klinikleitung als auch von den Gynäkologie-Fachärzteschaft respektiert, sagt der Leiter der Klinikkommunikation bei St. Anna.
Ob diese Haltung im Zuge der Abtreibungsdebatte nicht unter Druck gerät? Den Ansprüchen einer modernen, weltoffenen Klinik trägt die Klinik St. Anna Rechnung: In Einzelfällen werden Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt, die medizinisch notwendig sind, wie Lukas Hadorn weiter sagt. Beispielsweise bei einer Schwangerschaft ausserhalb der Gebärmutter, welche laut Hirslanden für das ungeborene Kind in den allermeisten Fällen den Tod bedeutet und für die Mutter ein lebensbedrohliches Risiko darstellt. Dann führen die Ärzte die notwendigen Eingriffe selbstverständlich durch.