Wie können Belegärzte in die neuen Tarifmodelle für Leistungen der Zusatzversicherungen eingebunden werden? Wie sollen sie dazu bewegt werden, die entsprechenden Verträge zu unterschreiben und die entsprechende Honorierung zu akzeptieren? Das ist der grosse Knackpunkt der neuen Tarifvertragsmodelle zwischen Spitälern und Krankenzusatzversicherungen.
Mehrwert muss transparent sein
Dass in diesem Bereich einiges im Argen liegt, ist bekannt. Tarifverträge zwischen Spitälern und Krankenzusatzversicherern müssen transparenter werden. Das fordern Finanzmarktaufsicht (Finma), Preisüberwacher bis hin zu Politikerinnen. Vor allem muss klar ausgewiesen sein, wie sich der Mehrwert einer Spitalkostenzusatzversicherung gegenüber der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) rechtfertigt.
Eine besondere Herausforderung ist das bei Belegarztspitälern. Krankenversicherer möchten am liebsten einen einzigen Vertrag mit dem Spital, während dann das Spital selber schaut, wie die Belegärzte zu honorieren sind. Heute ist es jedoch in vielen Fällen noch so, dass der Krankenversicherer zwei Rechnungen erhält: eine vom Spital, eine andere vom behandelnden Arzt.
Fünf mögliche Konstrukte
Mitte November hat der Schweizerische Versicherungsverband (SVV) fünf mögliche Konstrukte skizziert, wie die Krankenversicherer mit den Belegärzten verfahren könnten:
- Ein Vertrag mit dem Spital
- Rahmenvertrag mit Spital plus Anschlussvertrag mit Belegarzt
- Rahmenvertrag zu dritt mit Verweis auf Zusatzverträge
- Tripartiter Vertrag
- Zwei separate Verträge
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hier. Swiss Medical Network und Helsana entschieden sich für eine Kombination aus den Konstrukten zwei und vier. Das heisst einen Rahmenvertrag, der von allen drei Parteien unterschrieben wird, plus eine Beitrittserklärung der Belegärzte. Seit Anfang April läuft der Pilotversuch im Zürcher Vertragsspital Bethanien.
Ärzte verhandeln über Taxpunkt
Neu ist nicht nur das Vertragskonstrukt; neu ist auch die Vorgehensweise bei den Verhandlungen, wie Dino Cauzza, CEO von Swiss Medical Network, erklärt. Verhandelt wurde zwischen einer dreiköpfigen Tarifkommission der Ärzte des Bethaniens und den Vertretern der Helsana. «Wir als Swiss Medical Network waren nur unterstützend dabei», sagt Cauzza. Dabei ging es bei den Verhandlungen vorab um die Festlegung des Taxpunktes.
Somit setzt sich das Tarifmodell aus zwei Teilen zusammen: Der KVG-Anteil wird den Ärzten gemäss SwissDRG nach dem Modell der Schweizerischen Belegärztevereinigung (SBV) direkt von der Klinik ausbezahlt.
Zusätzlich erhalten die Belegärztinnen und -ärzte für ihre geleisteten Mehrleistungen aus der Zusatzversicherung eine Pauschale, welche im SMN VVG+ Tarifwerk definiert wird. Pro DRG werden dort Taxpunkte aufgeführt, welche für jeden Arzt mit einem zuvor vertraglich festgelegten Taxpunktwert pro Operation multipliziert werden können. Was nicht heissen will, dass alle Belegärzte identische Honorare erhalten. Unterschiede ergeben sich durch die Unterschiede der Fallpauschalen.
Spitäler bezahlen den Belegarzt
«Die Belegärzte müssen dafür keine separate Rechnung der freien Arztwahl mehr ausstellen, sondern erhalten ihre Mehrleistungen auf der Basis der DRG-Codierung direkt von der Klinik ausbezahlt», erklärt Cauzza weiter. So könne verhindert werden, dass es zu einer intransparenten Verrechnung von unterschiedlichen Leistungen komme.
Man muss wissen, dass der Präsident des Ärztegremiums, der im Namen der Ärzteschaft seine Unterschrift unter das Vertragswerk setzt, über keine juristischen Befugnisse verfügt. Er hat nur eine koordinierende, keine hierarchische Rolle.
Wenn sich also ein Belegarzt weigert, die Beitrittserklärung zu unterschreiben, so wird ihm die Klinik erklären müssen, dass er seinen Patienten nicht im Bethanien operieren kann. Es sei denn, der betreffende Arzt erhält von der Helsana ausdrücklich die Kostengutsprache. Das soll aber die Ausnahmen sein.
120 haben schon unterschrieben
Rund 200 Belegärztinnen und -ärzte operieren im Bethanien; mehr als 120 haben den Vertrag bereits unterschrieben. Cauzza spricht von einem Pilotversuch. So geht es vorerst darum, das Vertragswerk auch anderen Zusatzversicherern schmackhaft zu machen, ehe dann auch die anderen Spitäler vom Swiss Medical Network entsprechende Vertragsverhandlungen führen werden.
Das Beispiel zeigt, dass Bewegung in die Sache kommt. Bisher wurde nur über die Transparenzforderungen der Finma geredet. Jetzt steht schon mal ein praktisches Beispiel auf dem Tisch.