Zusatzversicherungen: Was passiert mit den «exorbitanten» Gewinnen?

Verluste in der Grundversicherung, Gewinne in der Zusatzversicherung: Das ist die Lage der Kassen. Aber eine Verrechnung ist nicht erlaubt.

, 17. Juli 2024 um 22:35
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Zimmer- und Lounge-Angebote für Privatpatienten in Schweizer Spitälern.
Mit den Grundversicherungen erzielten die Krankenversicherer im zurückliegenden Jahr ein versicherungstechnisches Minus von 1,463 Milliarden Franken. Mit den Zusatzversicherungen hingegen erwirtschaftete die Industrie einen konsolidierten Gewinn von 736 Millionen; davon dürften um die 150 Millionen als Steuern an die öffentliche Hand fliessen.
Das Fazit der Internetplattform Helvetic Care, die die Zahlen zusammenstellte: «Die Schweizer Krankenkassen haben ein katastrophales Geschäftsjahr 2023 hinter sich – trotz exorbitanter Gewinne in den Zusatzversicherungen».
Beim Blick auf die Tabelle könnten unbedarfte Beobachter meinen, mit dem Gewinn bei den Zusatzversicherungen liessen sich die Defizite in der obligatorischen Kostenpflegeversicherung schmälern. Das gilt höchstens für die Konzernrechnung. Doch eine Quersubventionierung von Zusatz- zu Grundversicherung ist nicht erlaubt.
So stellt sich die Frage, was mit den Gewinnen der Zusatzversicherungen – dem sogenannten VVG-Geschäft – passiert. Ggrundsätzlich gehören die Gewinne den Versicherten. Häufig werden diese Gewinne aber der Holding zugeführt. Das ist praktisch, weil die Holding im Gegensatz zum VVG-Geschäft von der Aufsichtsbehörde nur beschränkt oder gar nicht kontrolliert werden kann.
Verwaltungsratspräsident der Helvetic Care ist Otto Bitterli, der frühere Chef der Sanitas. Mit seiner Plattform setzt er sich für ein selbstbestimmtes Leben im Alter ein und empfiehlt den Abschluss von Spitalkosten-Zusatzversicherungen.
Wie Helvetic Care auf ihrer Plattform schreibt, sind es die prämienzahlenden Zusatzversicherten, denen jene «exorbitanten» Gewinne zu verdanken sind. Besonders krass sei das Vorgehen der Sanitas. Sie weist für 2023 bei den Zusatzversicherungen einen Gewinn von 95 Millionen Franken aus – und belastet die Verwaltungskostensteigerung von insgesamt 20 Millionen vollumfänglich den Zusatzversicherten. Helvetic Care wörtlich: «Dass diesbezüglich niemand eingreift, erstaunt schon sehr».

Swica versus Sympany

Die im zurückliegenden Jahr eingefahrenen Defizite in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) sind zum Teil horrend. Was heisst das für die Zukunft?
«Obwohl die beiden grössten Versicherer CSS und Helsana katastrophale Ergebnisse in den Grundversicherungen eingefahren haben, kann davon ausgegangen werden, dass diese stabil aufgestellt und mit starken Eigenmitteln ausgestattet sind», steht bei Helvetic Care zu lesen.
Gut positioniert für die Zukunft dürften laut Helvetic Care jene Krankenkassen sein, welche die Prämien auf Anfang 2024 über dem Durchschnitt erhöht und dadurch gleichzeitig Versicherte verloren haben. Das gelte für Swica.
Schwierig dürfte das Jahr 2024 insbesondere für all jene Krankenkassen werden, welche 2023 miserabel abgeschlossen und die Prämien aufs laufende Jahr unterdurchschnittlich erhöht haben und zusätzlich gewachsen sind. Eine solche Ausgangslage lässt sich gemäss Helvetic Care bei der Sympany feststellen.
Erstaunlich ist die Entwicklung bei der KPT: Mit plus 200'000 Versicherten für das Jahr 2023 hatte sie ein enormes Wachstum zu verdauen. Trotz einer überdurchschnittlichen Prämienerhöhung konnte sie den Bestand fast halten und das Jahr 2023 «finanziell gut bewältigen».

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