Für eine echt freie Spitalwahl – auch für die Zusatzversicherten

Regelmässig bleibt es Zusatzversicherten versagt, sich in allen Spitälern behandeln lassen – trotz einer Police, die dies suggeriert. Doch es gäbe Möglichkeiten, damit man auch in fortgeschrittenem Alter den Versicherer wechseln kann.

Gastbeitrag von Beat Walti, 24. Mai 2024 um 22:00
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«Die Situation ist nicht nur unfair, sondern auch untragbar»: Beat Walti.   |  Bild: parl.ch
In der Schweiz sind ältere Menschen, die über eine Krankenzusatzversicherung verfügen, oft in einer unglücklichen Lage gefangen. Sie haben oft über Jahrzehnte Prämien für eine Krankenzusatzversicherung bezahlt, die sie im besten Fall nie nutzen mussten – weil sie gesund geblieben sind. Sie taten dies im Vertrauen darauf, dass ihnen im Krankheitsfall die versicherten Mehrwerte auch tatsächlich zur Verfügung stehen, oft zum Beispiel die freie Spitalwahl in der ganzen Schweiz in einer halbprivaten Abteilung.
Beat Walti ist Präsident des Gesundheitsunternehmens-Verbands Ospita. Seit 2014 ist er als Vertreter der FDP Mitglied des Nationalrats. Hauptberuflich arbeitet er als Rechtsanwalt in Zürich.
Nun zeigen jüngst gehäuft auftretende Fälle von vertragslosen Zuständen zwischen Zusatzversicherern und Spitälern, dass das Versprechen der Police nur mit Einschränkungen gilt.
Auf einem funktionierenden Markt würde ein Teil der so enttäuschten Versicherten wohl zu einem Zusatzversicherer wechseln, der das Wunschspital auf seiner Liste hat und/oder der bei eingeschränkter Wahlfreiheit günstigere Prämien anbietet. Nur: Ab einem Alter von etwa fünfzig Jahren – das zeigt die Praxis – finden sich die Versicherten gefesselt an ihren Zusatzversicherer: Kaum eine andere Versicherungsgesellschaft ist bereit, sie in diesem Alter überhaupt noch aufzunehmen.
Aber viele Kunden werden nicht ohne Alternative aus der bestehenden – unbefriedigenden – Lösung aussteigen. Dafür haben sie bereits zu lange Prämien bezahlt.
Diese Situation ist nicht nur unfair, sondern auch untragbar. Die Politik muss diese Problematik endlich ansprechen und Lösungen finden. Denn die gibt es.
«Es wäre wichtig, dass die Versicherer wenigstens aufzeigen, wie sie die mit den Spitälern ausgehandelten Tarifsenkungen den Versicherten zugute kommen lassen.»
In einer wegweisenden Studie haben die Professoren Stefan Felder von der Universität Basel und Andrea Eisner von der Universität Bern aufgezeigt, wie die Mobilität älterer Zusatzversicherter dank einer Mitgabepflicht von risikoadjustierten Alterungsrückstellungen organisiert werden kann. Diese Erkenntnisse bieten eine vielversprechende Grundlage für die Entwicklung neuer Ansätze zur Verbesserung der Situation auch älterer Versicherter – durch einen funktionierenden Wettbewerb.
Bis dahin muss die Finma ihre Aufsichtspflicht gegenüber den Versicherungsgesellschaften weiterhin wahrnehmen. Sie macht seit Jahren mächtig Druck – unter Berufung auf ihren Auftrag, die Versicherten vor missbräuchlich hohen Prämien zu schützen.
Es wäre im Sinne der Transparenz wichtig, dass die Versicherer wenigstens aufzeigen, wie sie die mit den Spitälern ausgehandelten teilweise massiven Tarifsenkungen in Prämienreduktionen den Versicherten zugute kommen lassen. Sonst bleiben auch hier die Versicherten die grossen Verlierer.
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