Der Freiburger Volkswirtschafts-Professor Reiner Eichenberger gehört zu den
einflussreichsten Ökonomen im Land; und das hat auch damit zu tun, dass er sich gern mit ebenso überraschenden wie provokativen Thesen profiliert. Am Wochenende tat er dies wieder – mit einem kleinen 3-Punkte-Plan für das Gesundheitssystem.
Gemeinsam mit Fabian Kuhn – ebenfalls von der Uni Freiburg – stellte Eichenberger
in den «Tamedia»-Medien klar, dass wir die stetig steigenden Gesundheitskosten nicht einfach mit der Alterung erklären können. Und zweitens, dass wir allzu sehr auf die Kosten fixiert sind, aber keine allgemeine Kosten-Nutzen-Rechnung des Gesundheitswesens anstellen.
Gesundheit = Gewinn
Kurz gesagt: Eine Operation mag teuer sein, aber wenn die Menschen dadurch länger gesund sind, so ist dies sowohl persönlich als auch volkswirtschaftlich ein Gewinn. Die Gesundheitspolitik selber aber starre bloss aufs Geld: Sie leide an «Geldsucht», so die Ökonomen.
Im Gesundheitswesen selber gehe es letztlich nur darum, die Versorgung möglichst effizient zu erreichen. Dazu brauche es primär «mehr Eigenverantwortung der Bürger sowie wirksameren Wettbewerb zwischen den Leistungserbringern und den Krankenkassen».
So weit, so normal. Die Neuheit liegt nun in den Lösungsvorschlägen von Kuhn und Eichenberger. Es sind drei. Erstens schlagen die Ökonomen höhere Rabatte für ältere und weniger gesunde Personen vor. Das soll helfen, diese Menschen für sparorientierte Kassenmodelle zu gewinnen – und nicht junge und gesunde Versicherte.
Zweiter Vorschlag: «Transfersummen» für gesunde Kassenkunden. Die Versicherer sollen nicht zusätzliches Geld erhalten, wenn sie besonders kranke Kunden haben, sondern wenn sie von anderen Kassen Kranke übernehmen und ihnen Gesunde geben. «Das gäbe den Kassen starke Anreize, das medizinisch Beste für die Gesundheit ihrer Kunden zu tun», so die Ökonomen.
Nicht mehr, sondern intelligent
Speziell ist nun die dritte Idee: Nicht höhere, sondern intelligentere Franchisen. Oder anders: Man sollte den Ansatz um 180 Grad drehen. Die Autoren reden von einem AAA-Modell – «Franchisen mit Automatischer Anreiz-Anpassung».
Im heutigen System wählt man eine tiefe Franchise, wenn man damit rechnet, im kommenden Jahr hohe Kosten zu verursachen; das heisst: Die Franchise ist hier wirkungslos. Sie bietet keinen Anreiz, Kosten zu sparen, da man in den folgenden Monaten sowieso über die 300-Franken-Grenze gelangen wird.
Im Modell von Eichenberger und Kuhn setzt der Schnitt im oberen Bereich ein: Die Versicherten müssten nicht die ersten Rechnungen übernehmen, sondern beispielsweise die Ausgaben ab 2700 Franken und bis 3000 Franken.
Dadurch hätten die Menschen den Anreiz, alles zu tun, um nicht in diesen Bereich zu gelangen.
Weitere Einsparungen
Am Ende müssten die meisten weniger selbst bezahlen, und sie würden auch nicht schlechtergestellt. Zugleich wäre es auch für Versicherte mit hohen erwarteten Kosten attraktiv, «hohe AAA-Franchisen zu wählen, da sie gute Chancen hätten, den Betrag nicht voll übernehmen zu müssen, wenn sie sich sparsam verhalten. Das würde weitere Kosteneinsparungen bringen.»