Die Spitäler schlagen Alarm. Für einmal nicht wegen des Fachkräftemangels, der überfüllten Notfallstationen oder der unterfinanzierten Tarife im ambulanten Bereich. Sie schlagen Alarm wegen der Reform der Tarifberechnung für Spitalaufenthalte. Die aktuelle Reform zur Tarifermittlung für die Spitäler stelle die öffentliche Gesundheitsversorgung in Frage.
Das schreiben die Spitäler, genauer: die versorgungsrelevanten Spitäler, Kinderspitäler und Universitätsspitäler, in einem offenen Brief an den Bundespräsidenten Alain Berset, Vorsteher des Eidgenössischen Departement des Innern.
30 Prozent
Das zentrale Element der Vorlage besteht darin, dass für alle Spitäler – ungeachtet ihrer Leistungen und Kosten – der Tarif gilt, der den Kosten der 30 Prozent kostengünstigsten Spitäler entspricht.
Dabei soll nicht unterschieden werden, ob diese Spitäler einen Notfall betreiben oder nur Wahleingriffe behandeln, ob sie sich auf leichte Fälle spezialisieren und Patienten mit Komplikationen an andere Spitäler verweisen.
Äpfel und Birnen
«Nicht überraschend befinden sich unter den Spitälern, die sich bei den Fallkosten unter dem 30-Prozent-Wert bewegen, in der Mehrheit Geburtshäuser, kleine Spitäler und Kliniken, welche sich auf wenige Behandlungen spezialisieren», steht im offenen Brief zu lesen.
Deren Kosten als Massstab für diejenigen Spitäler zu nehmen, welche das gesamte Versorgungsspektrum, die Notfälle und die komplexesten Fälle abdecken müssen, sei ein Vergleich zwischen Äpfel mit Birnen.
Damit würden mit der Reform diejenigen Spitäler belohnt, welche im Behandlungsangebot diejenigen Leistungen anbieten, mit denen man gut verdienen kann. Die für die Versorgungssicherheit wichtigen Spitäler mit breiten kantonalen Leistungsaufträgen, Kinderspitäler und Universitätsspitäler würden hingegen dafür gestraft, dass sie auch die komplexen und wenig lukrativen Fälle behandeln und im Auftrag ihrer Kantone die Versorgung für alle Patientinnen und Patienten gewährleisten.
Schwierige Beweispflicht
Nun ist es aber so, dass all die Zusatzaufgaben mit Zuschlägen abgegolten werden. Gemäss den unterzeichnenden Spitälern wird das in der Praxis aber nicht funktionieren.
«Denn auch diese Zuschläge müssen mit den Krankenversicherern ausgehandelt werden und einen Anspruch auf die Zuschläge für den Zusatzaufwand besteht nicht. Die Beweispflicht für den zusätzlichen Aufwand liegt ausserdem vollständig bei den Spitälern.»
Gerade Vorhalteleistungen, etwa die Aufrechterhaltung einer Neonatologie, seien kalkulatorisch schwer zu beziffern. So schreiben die Spitäler: «Die Krankenversicherer werden nach Belieben Zuschläge ablehnen können und dies auch tun. Die seit Jahren festgefahrenen Tarifverhandlungen mit provisorischen Tarifen machen klar, dass in derartigen Verhandlungsvorgaben mit komplexen Ausnahmeregelungen keine Lösung gefunden werden kann.»